London. . Pumps und atemberaubende Roben, aber doch ein erfrischend direkter Star: Penélope Cruz gibt anlässlich des Filmstarts von „The Counselor“ ein Interview über Sexszenen, Familienleben und die spanische Heimat.

Als der britische Filmemacher Ridley Scott („Gladiator“) Penélope Cruz und ihren Mann Javier Bardem anrief und ihnen sagte, er wolle ein Originaldrehbuch des Bestsellerautors Cormac McCarthy („No Country For Old Men“) verfilmen, sagten sie sofort zu. „Das war ein No-Brainer, wie die Amerikaner sagen!“, lacht Cruz.

Das Resultat ist der Drogen-Thriller „The Counselor“, der am Donnerstag in unseren Kinos anläuft, ihr düsterster Film. Beim Interview im Londoner Luxushotel Dorchester trägt Penélope Cruz ein atemberaubend rotes Samtkleid und schwarze, schwindelerregend hohe Pumps. Die sie zum Interview mit Ulrich Lössl allerdings auszieht…

Sie spielen nach langer Zeit wieder gemeinsam mit Ihrem Mann Javier Bardem im selben Film. Die heißen Szenen haben Sie allerdings mit Michael Fassbender…

Penélope Cruz: … das war schon etwas komisch (lacht). Mit Javier habe ich leider überhaupt keine gemeinsame Szene. Aber das war schon in Ordnung. Wir sind doch alle professionelle Schauspieler und wissen, dass das alles nur gespielt ist.

Sie haben oft betont, dass Sie Gewaltszenen im Kino eigentlich ablehnen. „The Counselor“ ist nun äußerst brutal. Wie passt das zusammen?

Cruz: Ich finde Gewaltdarstellungen im Kino tatsächlich sehr problematisch. Da die Gewalt aber hier nicht glorifiziert, sondern als das gezeigt wird, was sie ist - nämlich extrem menschenverachtend und abstoßend -, kann ich damit leben.

Was gab denn den Ausschlag, dass Sie bei diesem Film sofort zusagten?

Cruz: Da war zum einen Ridley Scott, ein Regisseur, dessen Werk ich sehr bewundere. Und nicht zuletzt die einzigartigen Dialoge, die Cormac McCarthy für uns alle geschrieben hat. Als Filmschauspieler hat man selten Gelegenheit, solche Texte – von fast Shakespeareschem Format - zu sprechen.

„Hollywood hat nicht auf mich abgefärbt“

Den USA haben Sie vor einiger Zeit den Rücken gekehrt und leben wieder in Spanien.

Cruz: Ja, wir wohnen wieder in Madrid, wo ich aufgewachsen bin. Dort wohnen auch meine Eltern, meine Schwester, mein Bruder und viele Verwandte. Der ganze Cruz-Clan eben. Mein Herz schlägt nun mal spanisch. Spanien war immer meine emotionale Heimat. Hollywood hat kein bisschen auf mich abgefärbt, obwohl ich dort schon viele Filme gedreht habe und hoffentlich noch drehen werde.

Bei einem Werbefilm für „Agent Provocateur“ haben Sie vor kurzem zum ersten Mal selbst Regie geführt. Ist Regisseurin für Sie eine Option?

Cruz: Eher nicht. Ich habe das vor allem gemacht, um die neue Dessous-Kollektion meiner Schwester Monica – „L‘Agent“ – zu unterstützen. Doch diese Arbeit hat mir viel Spaß gemacht…

Werden Sie als Mutter von zwei Kindern jetzt beruflich etwas kürzer treten?

Cruz: Das Familienleben steht bei uns eindeutig an oberster Stelle. Ich bin sehr gerne Mutter. Das bekommt mir gut. Aber ich bin mir sicher, dass ich Karriere und Familie – vor allem solange die Kinder noch klein sind – unter einen Hut kriegen kann. Aber natürlich werde ich da und dort Abstriche machen.

Sie werden nächstes Jahr 40…

Cruz: … und ich freue mich schon sehr darauf. Ich habe keine Probleme mit dem Älterwerden. Zumindest jetzt noch nicht (lacht).

„Meine Angst zu versagen, ist größer geworden“

Und 40 Jahre Lebenserfahrung wiegen doch kleine Fältchen locker auf…

Cruz: Na ja. Mehr Erfahrung kann einem sicherlich in manchen Lebensfragen helfen, aber auf der anderen Seite kann sie einen auch sehr verunsichern. Nehmen wir die Schauspielerei: Da weiß ich heute sicher mehr als früher. Das hilft mir ganz klar beim Spielen, aber genau dadurch ist auch meine Angst zu Versagen größer geworden. Und man sollte nie vergessen: Man kann noch so reich und berühmt sein – gegen Selbstzweifel, Ängste oder Unsicherheiten hilft das alles nichts.

Für viele Stars scheinen Ruhm und Millionen-Gagen sehr gut als seelischer Puffer zu funktionieren.

Cruz: Nicht bei mir. Das sind doch alles nur Äußerlichkeiten. Vor allem der sogenannte Ruhm. So flüchtig… Und sollte ich wirklich einmal anfangen, mich wie eine Diva aufzuführen, dann würde mir meine Familie garantiert den Kopf sehr schnell wieder zurechtrücken.

Ob Sie es glauben oder nicht: Ich bin sehr bodenständig. Das habe ich vor allem meiner Erziehung zu verdanken. Meine Eltern haben uns Kinder immer zur Dankbarkeit und Bescheidenheit erzogen. Wir waren glücklich, immer ein Dach über dem Kopf zu haben, Essen auf dem Tisch und Menschen, von denen wir uns geliebt und verstanden fühlten. Das ist eine sehr gute Basis für ein gutes Leben.

Talent, Handwerk, Schönheit, Glück – welche ist die Hauptingredienz Ihres Erfolges?

Cruz: All das gehört sicher dazu. Doch der Schlüssel zu meinem Erfolg war sehr harte Arbeit. Ich habe sehr lange und sehr intensiv Schauspielerei studiert, habe schon in relativ jungen Jahren in vier Sprachen Filme gemacht und war immer sehr auf meine Arbeit fokussiert. Doch das ist alles nichts, wenn man keine Chancen bekommt…

Welcher Charakterzug hat Ihnen im Leben am meisten geholfen und welcher hat Sie – gegebenenfalls - behindert?

Cruz: Ich bin voller Demut und Dankbarkeit. Ich halte mir jeden Tag vor Augen, wie viel Glück ich in meinem Leben habe. Und ich hoffe, das macht mich auch großzügig in meiner Liebe, meinem Verständnis für andere. Diese Offenheit hat mir, glaube ich, immer mehr genützt als geschadet. Und was mich auf meinem Lebensweg behindert hat? Manchmal meine Naivität, öfters meine Starrköpfigkeit. Aber ich würde nichts daran ändern…