Dortmund. . Großer Abend für das Dortmunder Ballett: „Drei Farben: Tanz“ wurde bei der Premiere stürmisch gefeiert. Unter den Choreographien ist auch ein Klassiker des Ballett-Titanen William Forsythe.
Hochgedrillter Spitzentanz kann gnadenlos sein. Zumindest, wenn sie in keuchendem Tempo durch den letzten Satz von Schuberts Neunter Symphonie gepeitscht werden, kommen weibliche und männliche Ballerinen ganz schön ins Schwitzen. Ein Schritt eine Sekunde zu spät, schon gerät das Ensemble ins Schleudern.
Entlarvende Choreographie
Wie sich beim Zuschauer beinah Mitleid mit Tänzern einstellen kann, das entlarvt William Forsythe in seinem Klassiker „Schauder der Exaktheit“, das, erstmals in NRW, von Dortmunds Ballett aufgeführt wird. Die fünf Solisten (besonders Monica Fotescu-Uta und Gal Mazor Mahzari) tanzten bei der Premiere auf den Punkt mit makelloser Technik. Jubel im fast ausverkauften Opernhaus.
Diese hoch getunte Parforcejagd durch Schubert mit wippenden Teller-Tütüs soll nicht nur gefallen, sondern die Grenzen akademischer Ballett-Technik aufzeigen und vor dem Tänzer als Maschine warnen. Sicherlich der Knaller des auf- und anregenden Tanzabends mit drei Choreographien, genannt „Drei Farben: Tanz“. Alle drei belegen, wie farbig und abwechslungsreich internationale Tanzszene sein kann. Neben Altmeister Forsythe, der akademisches Höchstniveau mit einem Affenzahn verbindet, brachte der Brite Douglas Lee mit „Piano Piece“ die Dortmunder Kompanie zum Leuchten. Ein lyrisch fließendes Stück, angetrieben von modernen Piano Solo, das wiederum im krassen Gegensatz steht zu der übermütigen Ballett-Comedy „Cacti“ von Alexander Ekman.
Es sprießen die Kakteen
Der 29-jährige Schwede Ekman, als Newcomer in New York und Amsterdam hoch dekoriert, lässt Kakteen sprießen und die Kompanie in Badekappen auftreten. Wie archaische Witzfiguren aus fernöstlichen Tempeln wirken die Wesen, die sich auf Podesten räkeln.
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Plötzlich rennen sie wie Clowns auf der Stelle: ein virtuoses Spiel der Formen und Tanzstile, angetrieben von live gespielten Streichquartetten von Haydn, Beethoven und Schubert. Der Clou: ein Pärchen (Risa Tateshi und Arsen Azatyan) übt für eine Tanzshow und überlegt, welche Bewegungen passen. Beißend ironisch wirkt dieser Slapstick.
Neoklassische Meisterschaft
Dass sich Dortmund in puncto neoklassische Meisterschaft nicht hinter Martin Schläpfers Ballett am Rhein zu verstecken braucht, beweisen Stars wie Jelena-Ana Stupar und Eugeniu Cilenco zu Beginn in Douglas Lees Hommage an das Klavier. Auf, unter und mit vier Steinway-Flügeln treiben die Tänzer ein akrobatisch, athletisches Spiel. Wellenförmige Bewegungen dominieren, plötzlich Stillstand. Die Figuren erstarren zu Skulpturen, setzen sich aber ganz langsam wieder in Gang. Tanz und Ästhetik pur bietet Lees 30-Minuten-Opus, dem man gerne viel länger zugeschaut hätte. Fazit: Auch mit nur 22 fest engagierten Tänzern spielt Dortmund in der ersten Liga.
17., 30. Nov., 27. Dez., 31. Jan.,6. Feb.,7. März. Tel. 0231/ 5027 222