Essen. Die Jury des Deutschen Jugendliteraturpreises hat entschieden: Die Preisträger für 2013 stehen fest. Nicht jede der ausgezeichneten Geschichten überzeugt - ein Überblick.

Welche Bücher gefallen Kindern, was kann man ihnen schenken, wenn Qualität wichtiger ist als noch ein Vampirkuss? Der Deutsche Jugendliteraturpreis hilft bei der Auswahl – meistens jedenfalls.

Preis der Jugendjury

Bestsellerlisten waren noch nie ein Garant für Qualität. Doch die Jugend-Jury hat sich für einen Verkaufsschlager entschieden, der wirklich überzeugt: Adam Greens Roman „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ (Hanser, 286 S., 16,90 €, ab 13). Wer liest, lacht, hofft und weint hier mit zwei bemitleidenswerten Jugendlichen, die nicht bemitleidet werden möchten. Hazel und Augustus haben Krebs, doch sie schaffen es, den Menschen hinter der Krankheit zu sehen. Green schreibt erfrischend unsentimental. Nur an einer Stelle wirkt die amerikanische (Un-)Art, Beifall zu spenden, etwas deplatziert. Ansonsten rüttelt das Buch selbst ältere Leser kräftig durch, um sie am Ende wieder zu umarmen – auch ohne amerikanisches Happy End.

Bilderbuch

Dieses Buch hinterlässt Stirnrunzeln: „Wo ist mein Hut“ von Jon Klassen (Nordsüd, 40 S., 14,95 €, ab 4). Die Geschichte liest sich wie eine unter vielen: Ein Bär sucht seinen Hut und sieht ihn nicht, obwohl er gleich vor ihm auf dem Kopf des diebischen Kaninchens sitzt. Am Ende findet der Bär den Hut wieder – dafür ist das Kaninchen verschwunden. Was will der Autor Kindern damit sagen? Dass ein anfangs freundlich wirkendes Wesen in Wahrheit gar nicht so nett ist? Das Buch hat komische Momente, aber die erschließen sich eher Erwachsenen. Spannender ist das Bilderbuch, das in der Kategorie „Sachbuch“ nominiert war: „Heute bin ich“ (Aracari, 48 S., 13,90 €, ab 3). Mies van Hout zeigt darin auf bezaubernde und Kindern verständliche Weise die Welt der Gefühle.

Kinderbuch

Julie interessiert sich für Schminke und den Jungen Shocky, bis eines Tages Dschingis ihr neuer Mitschüler wird. Der Junge und sein Bruder sehen anders aus, sie tragen Mäntel im Sommer. Für Julie umgibt diese Fremden ein Geheimnis, das sie lüften möchte. So erfährt sie, dass die „Abenteuer“ der Flüchtlingskinder gar nicht beneidenswert sind. Der Engländer Frank Cottrell Boyce hat „Der unvergessene Mantel“ (Carlsen, 107 S., 11,90 €, ab 10) mit Wärme und Feingefühl, ohne Kitsch oder übertriebene Dramatik geschrieben. Das Buch ist schön gestaltet: wie ein Schulheft mit eingeklebten Fotos. Nebenbei erfahren die jungen Leser viel über Dschingis’ Heimat, die Mongolei. Und sie erahnen, wie es sich anfühlt, nicht erwünscht zu sein.

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Jugendbuch

Zwei Mädchen, 13 Jahre, haben Probleme wie alle anderen Mädchen in dem Alter. Und doch ist ihr Leben ein anderes, denn dort, wo sie wohnen, gibt es sonst nur Kinder, Frauen und Alte. Ninzo und Ketewan wachsen während des russisch-georgischen Kriegs auf. Die Georgierin Tamta Melaschwili, lässt die Schrecken des Krieges spüren, ohne Jugendliche zu erschrecken. Dabei wählt sie für „Abzählen“ (Unionsverlag, 112 S., 9,95 €, ab 16) einen Erzählstil, der an Gespräche von Jugendlichen erinnert – ohne dass es gezwungen wirkt. Eine Entdeckung!

Sachbuch

Nichts für zarte Gemüter ist die prämierte Biografie: „Der Boxer – Die wahre Geschichte des Hertzko Haft“ (Carlsen, 200 S., 16,90 € ab 16). Der Leser begleitet den Juden Hertzko auf dessen Leidensweg in die Konzentrationslager, wo er zum Amüsement der SS-Leute um sein Leben boxen muss. Reinhard Kleist hat nach dem Roman von Hafts Sohn Alan eine Graphic Novel geschaffen, die unter die Haut geht. Der Berliner Kleist, der bereits das Leben von Fidel Castro und Johnny Cash in Szene setzte, beweist erneut, dass Innenwelten nicht nur mit Worten, sondern auch mit Linien zutiefst erfahrbar sind.