Gelsenkirchen.
Die Gelsenkirchener Literaten haben die Schule für sich entdeckt. Wie sich ein Lehrerkind durchs gymnasiale Leben schlägt, erfahren wir dank Bastian Bielendorfer und seinen Bestsellern.
Vom unterirdischen Bildungsnotstand der Proll-Familie Pröllmann erzählt Kai Twilfer in seinem Erstlingserfolg „Schantall, tu ma die Omma winken“, und die Tücken der Penne aus der Sicht eines Paukers seziert Bernd Matzkowski in seinem Buch „Kreidezeit“. Und nun tritt auch noch eine schreibende Nachhilfelehrerin auf den Plan.
Höhe- und Tiefpunkte, Freuden und Leiden
Tanja Janz schrieb sich in ihrem Buch „Der ist ja nicht doof, nur irgendwie hochbegabt. Unkorrigierte Geschichten aus der Nachhilfestunde“ alle Höhe- und Tiefpunkte, alle Freuden und Leiden im Umgang mit Schülern, Eltern und Lehrer von der Seele.
Tanja Janz kennt sich aus mit Vokabeln abfragen, Matheaufgaben austüfteln, Texte aus dem Englischen und Französischen übersetzen : „Ich habe in den letzten Jahren an so ziemlich allen Nachhilfeinstituten gearbeitet, sogar einige Zeit selbst eines geleitet“, sagt die 39-Jährige, deren Berufsziel ursprünglich Lehrerin hieß.
Humorvoll und kritisch
Die gebürtige Schalkerin studierte Anglistik, Germanistik und Erziehungswissenschaften auf Lehramt in Essen: „Ich merkte bald, dass unser heutiges Bildungssystem nicht wirklich gut funktioniert und wusste: Das ist nichts für mich.“ Ihr Wissen gab sie trotzdem an Schüler weiter, im Nachhilfeunterricht am Nachmittag : „Dort habe ich so viel erlebt, darüber hätte ich auch zwei Bücher schreiben können.“
Auf 270 Seiten erzählt Tanja Janz nun aus ihrer eigenen Schulzeit am Schalker Gymnasium, von ersten Gehversuchen im Nachhilfezirkel, von erfolgreicher und vergeblicher Wissensvermittlung. Humorvolle Szenen sind dabei, aber auch kritische Erkenntnisse über Erziehungssünden.
Schrecklich übermotivierte Kümmerer-Eltern
Das unterhaltsam geschriebene, aber durchaus traurige Kapitel rund um Schülerin „Schaijänn“ aus Schalke-Nord („dem Neukölln Gelsenkirchens“) erinnert an die bildungsferne Familie Pröllmann. Aber Janz porträtiert auch die schrecklich übermotivierten Kümmerer-Eltern. Der Band, erschienen im Bastei Lübbe Verlag, hat seine Stärken, wenn er Bildungs- und Erziehungsmiseren nachdenklich nachspürt, schwächelt, wenn er wie ein Erlebnisbericht klingt oder sich sprachlich vergaloppiert, wenn die Autorin von einem „Arschloch-Kind“ spricht oder davon, dass sie selbst „knietief in der didaktischen Scheiße“ steckt.
Die Autorin, die 2014 Jugendbücher und einen Frauenroman veröffentlichen wird, liest am 24. Oktober, 19.30 Uhr, in der Stadtbibliothek, Ebertstraße (Karten: 5/2,50 Euro, Stadtbibliothek und Buchhandlung Junius, Sparkassenstraße). Das Buch gibt es ab sofort im Buchhandel für 8,99 Euro.