Köln. . Die erste Inszenierung von Stefan Bachmann, neuer Intendant am Schauspiel Köln, zeigt „Der Streik“, aus der Feder der russischstämmigen Amerikanerin Ayn Rand. Die 30 Meter breite Monumentalbühne des Schauspielhauses kann das Stück aber nicht bewältigen: Unfreiwillige Komik ist das Ergebnis.

Am Kölner Theater steht man vor dem Problem, eine 30 Meter breite Bühne sinnvoll mit Dramatik zu füllen. Das Ausmaß ist von einer ehemaligen Industriehalle im Stadtteil Mülheim vorgegeben, die dem neuen Intendanten Stefan Bachmann noch zwei Jahre als Ausweichquartier dient. Der Nachfolger der erfolgreichen Theatermacherin Karin Beier hat sich deshalb mit Blick auf diese Cinemascope-Bühne für seine erste Inszenierung auch ein dickleibiges Buch vorgenommen. „Der Streik“, wie das 1957 erschienene Werk der russischstämmigen Amerikanerin Ayn Rand in einer neuen deutschen Übersetzung heißt, predigt Eigennutz und Individualität und verteufelt eine schwache, dumpfe Masse voller Parasiten und Almosenempfänger.

Ein Hohes Lied auf den ungebremsten Kapitalismus also. Bei Rand, gestorben 1982, beziehen die Neocons der USA und die Tea Party Argumente. Ihre Heroisierung wagemutiger Individualisten und Genies entbehrt jeder menschlichen Wärme, feiert den Triumph geborener Herrschertypen. Unterschwellig meint man da, eine unheilige Nähe zu den Glaubensrichtlinien von Scientology zu spüren.

Eine Absage an alle Brüderlichkeit

Die Tatmenschen, das sind in diesem Fall die Eisenbahn-Managerin Dagny Taggart (Melanie Kretschmann), der Stahltycoon Hank Rearden (Jörg Ratjen) sowie der Ölmagnat Ellis Wyatt (Nikolaus Benda). Sie alle wollen schaffen und Ertrag erzielen, zuvorderst für die eigene Tasche, werden aber ständig durch die Schwächlinge und Mahner an ihrer Seite oder von der Politik mit ihrem Traum vom Wohlfahrtsstaat daran gehindert. Als alles keinen Spaß mehr macht, taucht als Heilsbringer des Kapitalismus der ominöse John Galt (Guido Lambrecht) auf und überzeugt die Seinen im Geiste davon, dass nur ein Streik ihrerseits, ein Stillstehen aller Räder, das Land in die Knie zwingen werde.

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Bachmann lässt den Bekenntnis-Dialogen weitgehend ihren Lauf und interessiert sich mehr dafür, welche Bilder er auf der Monumentalbühne entwickeln kann. Das, immerhin, gelingt ihm glänzend. Mal lässt er einen Schwerlasttransporter über die Bühne kurven, mal kann man Schauspielern in Arbeitskleidung dabei zusehen, wie sie auf Simeon Meiers sich allmählich füllender Bühne zehn Meter Bahnstrecke live und ungekürzt verlegen.

Die monumentale Bühne im Schauspielhaus Köln wird zum Problem

Eine Distanz zu Ayn Rand und ihrer thesenhaften Absage an Gleichheit und Brüderlichkeit ist in Bachmanns Inszenierung lange nicht zu spüren. Als dann endlich doch noch ein allzu zartes Pflänzchen Ironie keimen will, ist alles zu spät. Wenn mitten in Colorado plötzlich ein neues Atlantis auftaucht, wo die ausgebremsten Kapitalisten in einer Art Seifenblase auf ihre Stunde warten, hat man die Grenze zur unfreiwilligen Komik längst erreicht.

Die monumentale Bühne, sie fordert ihren Preis. Das war auch schon Ende September zu erkennen, als Rafael Sanchez mit dem Komödienklassiker „Der nackte Wahnsinn“ von Michael Frayn die neue Ära in Köln an diesem Ort eröffnen durfte. Eigentlich ist Frayns Farce über die Inszenierung einer Farce und ihrem allmählichen Zerfall im Laufe der anschließenden Tournee stets ein sicherer Lacherfolg. Hier aber wollen so gar keine Funken sprühen. Wo jeder Weg zur Wanderung wird, wo Schauspieler über weite Strecken kommunizieren müssen, da gehen Pointen leicht verloren.