Oberhausen/Berlin. .
Eine Inszenierung von Herbert Fritsch am Theater Oberhausen ist zum Theatertreffen nach Berlin eingeladen worden. Neben Ibsens „Nora oder Ein Puppenhaus“ fährt auch eine Produktion des FFT Düsseldorf zur Schauspiel-Gipfel.
Ein riesiger Erfolg fürs Theater Oberhausen: Eine Produktion des Hauses am Will-Quadflieg-Platz ist zum Theatertreffen Berlin eingeladen worden. Herbert Fritschs Version von Henrik Ibsens „Nora oder Ein Puppenhaus“ sei ein „greller Albtraum, der die herkömmlichen Inszenierungen von Ibsens Emanzipationsklassiker ziemlich alt und verklemmt aussehen lässt“, begründet die Jury die Auswahl und urteilt weiter: „Hier wird mit gnadenloser Konsequenz ein halb zu Tode genudeltes psychologisches Drama psychedelisch über den Kamm der Geisterbahnästhetik geschert: schaurig, spaßig – bitterböse“.
Herbert Fritsch ist Schauspieler, Regisseur und Medien-Künstler. In Oberhausen hat der Spezialist für Katastrophen und Komödien bereits mehrfach inszniert, unter anderem Molières „Tartuffe“. Sein international erfolgreiches Filmprojekt „hamlet_X“ lief unter anderem auch bei den Internationalen Kurzfilmtagen Oberhausen. Premiere hatte Fritschs „Nora“-Version Ende Oktober am Theater Oberhausen, die nächsten Aufführungen sind am 23. Februar und am 3. und 5. März.
Oberhausens Intendant Peter Carp hatte den Schauspieler Herbert Fritsch zum ersten Mal als Regisseur engagiert - als er vor rund fünf Jahren noch Schauspiel-Direktor am Theater Luzern war. Jetzt kann Fritsch beim Theatertreffen (6. bis 22. Mai) auch gleich gegen sich selbst antreten: Seine Inszenierung „Der Biberpelz“ von Gerhart Hauptmann am Mecklenburgisches Staatstheater Schwerin ist ebenfalls zu den „Olympischen Spielen“ fürs Schauspiel.
Hommage an Christoph Schlingensief
Neben Fritsch sind drei weitere Neulinge eingeladen: Die Performance-Gruppe She She Pop zeigt das Stück „Testament“ (Hebbel am Ufer, Berlin / Kampnagel, Hamburg / FFT, Düsseldorf), Roger Vontobel ist mit seiner Version von Friedrich Schillers Klassiker „Don Carlos“ (Staatsschauspiel Dresden) eingleaden, und Nurkan Erpulat präsentiert „Verrücktes Blut“ (Ballhaus Naunynstraße, Berlin / Ruhrtriennale).
Insgesamt begutachtete die siebenköpfige Jury rund 350 Inszenierungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Zu den zehn bemerkenswertesten Inszenierungen zählt unter anderem die letzte Inszenierung des im August gestorbenen Regisseurs Christoph Schlingensief mit dem Titel „Via Intolleranza II“. Die Einladung des Schlingensief-Stücks (Festspielhaus Afrika gGmbH / Kampnagel, Hamburg / Kunstenfestivaldesarts Brüssel / Bayerische Staatsoper München) könne als Hommage an den Regisseur verstanden werden, aber sei in erster Linie ausgewählt worden, weil sie einen zentralen politischen Konflikt thematisiere, sagte Juror Franz Wille.
In dem Stück geht es um Schlingensiefs Operndorf-Projekt in Afrika und die Frage, inwieweit die Erste Welt der Dritten helfen kann, ohne zu kolonialisieren. Die Leiterin des Theatertreffens, Iris Laufenberg, sagte: „Dass wir 2011 das Theatertreffen ohne Christoph Schlingensief mit der zuletzt von ihm realisierten Inszenierung beenden, ist schmerzlich und tröstlich zugleich. Seine Ideen und Visionen werden weiterleben.“
Zwei Produktionen des Schauspiels Köln sind mit dabei
Außerdem eingeladen sind Stefan Bachmann, der „Die Beteiligten“ von Kathrin Röggla am Wiener Burgtheater inszeniert hat. Stefan Pucher ist mit Arthur Millers „Tod eines Handlungsreisenden“ eingeladen (Schauspielhaus Zürich, Karin Henkel zeigt ihre Version von Anton Tschechows „Der Kirschgarten“, eine Produktion des Schauspiels Köln, dessen Intendantin Karin Beier mit ihrer Inszenierung von Elfriede Jelineks „Das Werk“ / „Im Bus“ / „Ein Sturz“ eingeladen ist.
Das Festival wird am 6. Mai im Haus der Berliner Festspiele eröffnet. Neben den zehn ausgewählten Inszenierungen bietet das Festival wieder ein vielfältiges Rahmenprogramm mit Ausstellungen, Diskussionen, Preisverleihungen, Konzerten und Partys. Das Treffen wird durch die Kulturstiftung des Bundes gefördert. Der Ticketverkauf startet am 9. April. (mit dapd)