Dortmund.. Theater-Chef Kay Voges inszeniert schon wieder – diesmal Henrik Ibsens Klassiker „Peer Gynt“. Und das in einer gehaltvollen Schnelldurchgangs-Fassung von 90 Minuten. Wie auch schon in seiner ersten Premiere hinterfragt Voges unser Dasein inmitten von lauter Widerholungs-Loops.
Man darf sich am Theater Dortmund derzeit über gar nichts wundern. Nicht darüber, dass Henrik Ibsens gewaltiger Fünfakter „Peer Gynt“ hier verdichtet wird zu einem Parforceritt von schmalen 90 Minuten. Und auch nicht darüber, dass Hausherr Kay Voges sich bei der Premiere am Samstag bereits zum zweiten Mal in dieser gerade erst begonnenen Spielzeit als Regisseur verbeugte.
Dieser Theatermacher scheint in der Tat ein Unersättlicher zu sein, der den Spielplan mit eigenen Inszenierungen dominiert wie kaum ein anderer seines Standes. Immerhin hat er damit eine Richtung vorgegeben, die das Dortmunder Haus mit seinen teilweise waghalsigen Projekten auch überregional wieder ins Gespräch gebracht hat.
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„Peer Gynt“ reiht sich da nahtlos ein: Voges nimmt dieses „Leben aus Nebel und Träumen“, wie es bei Ibsen heißt, wörtlich und macht aus Peer einen Kopfreisenden auf der Suche nach der eigenen Identität. Alle Begegnungen mit Fabelwesen, mythischen Figuren, Verrückten und kalten Geschäftemachern erscheinen hier als Ausgeburt einer maßlosen Phantasie. Begleitet wird dieser Trip kongenial von den Songs des Liedermachers Thomas Truax, der mit seinen zum Teil selbst gebauten Instrumenten in einem Kasten über der Szene schwebt.
Peer ist ganz viele
Um die komplexe Erscheinungsform des Titelhelden in den Griff zu bekommen, vielleicht auch, um ihn als universellen Menschen mit all seinen Lastern und Fehlern zu zeigen, lässt Voges jeden der sechs Schauspieler immer wieder in Peers Haut schlüpfen.
So vermengt sich mit der Zeit alles, der Träumer und die Früchte seiner Vorstellungskraft, der verrückte Machtsucher und die Verrückten im Irrenhaus von Kairo, der Heißsporn auf der Suche nach Beschleunigung und die Heimat als Zeichen von Entschleunigung und Ruhe. Auf das versöhnliche Ende – der sterbende Peer im Schoße seiner ewigen Liebe Solveig – wartet man hier allerdings vergebens: Da ohnehin beide Peer sind, verschwinden auch beide, getrennt, in der Dunkelheit des Bühnenhintergrundes.
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Das klingt alles komplizierter als es tatsächlich ist. Der Zuschauer findet sehr schnell zur Wellenlänge dieser Inszenierung, die ebenso Voges‘ derzeit großes Thema vom Dasein inmitten von lauter Wiederholungs-Loops widerspiegelt als auch einen Helden präsentiert, dem über seine Egomanie schließlich das Herz verloren geht. Da macht es auch nichts, dass bestimmte Szenen dieses gern als „nordischer Faust“ titulierten Werkes im Schnelldurchgang nur angetupft oder ganz weggelassen werden. Was bleibt, reicht allerdings vollkommen aus, um menschliche Irrwege und Größenwahn zu illustrieren.
Alles abwaschbar, auch die Farbe
Den Schauspielern wird dabei viel abverlangt. Immer wieder müssen sie sich im Hintergrund rasend schnell umziehen oder im Vordergrund den Körper unentwegt mit neuen Farben einschmieren. Zumindest dabei ist es hilfreich, dass man auf der Bühne von Michael Sieberock-Serafimowitsch in einem riesigen Wasserbassin spielt und sich somit auch alles schnell wieder abwaschen lässt.
Die eigentliche Absicht dieser feuchten Spielfläche jedoch wird verfehlt: Dass sich alle Akteure so auch noch einmal spiegeln sollen, bleibt den Besuchern im Parkett weitgehend verborgen. Den starken Applaus mit Bravo-Rufen konnte das nicht schmälern.
Weitere Termine: 4. und 8. Oktober, 2. u nd 17. November, 4. und 21. Dezember. Karten: 0231/50 27 222. www.theaterdo.de