Amsterdam. Die Experten sind ganz sicher: Es gibt ein neues Gemälde von Vincent van Gogh. Das Bild des niederländischen Malers von 1888 sei besonders interessant und schön. 1991 waren sich die Fachleute in Amsterdam auch schon ganz sicher: Damals sprachen sie von einer Fälschung.
Kunst-Sensation in Amsterdam: Der niederländische Maler Vincent Van Gogh ist als Schöpfer eines bisher unbekannten Bildes identifiziert worden. Zwei Forscher des Van-Gogh-Museums in Amsterdam sind überzeugt, dass kein anderer als van Gogh (1853-1890) im Sommer 1888 das Gemälde "Sonnenuntergang bei Montmajour" geschaffen hat, wie das Museum am Montag mitteilte. Das Bild zeigt einen Blick über die Landschaft beim südfranzösischen Dorf Montmajour mit der Ruine einer Abtei im Hintergrund. Es soll vom 24. September an für ein Jahr im Van-Gogh-Museum zu sehen sein.
Das Gemälde sei ein besonders interessantes aus der bedeutendsten Schaffensphase des Künstlers, hieß es in der Mitteilung. "Eine Entdeckung dieses Kalibers hat es in der Geschichte unseres Museums noch nicht gegeben", wurde Museumsdirektor Axel Rüger zitiert.
Bessere technische Untersuchungsmöglichkeiten
Das Bild war bereits 1991 von seinem damaligen Besitzer dem Van-Gogh-Museum zur Prüfung vorgelegt worden. Damals hatten die Experten geurteilt, es handele sich nicht um einen echten Van Gogh. Die Zeitung "NRC Handelsblad" berichtete, der Sinneswandel der Fachleute sei nun vor allem auf bessere technische Untersuchungsmöglichkeiten zurückzuführen.
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Die beiden Van-Gogh-Experten Louis van Tilborgh und Teio Meedendorp entschieden nach zweijährigen Untersuchungen von Stil, Technik, Farbe und Leinwand sowie aufgrund von Hinweise in Briefen van Goghs, dass es sich um ein echtes Werk des Niederländers handele. Van Gogh hatte im Juli 1890 seinem Leben ein Ende gesetzt.
Für van Gogh ein relativ großes Bild
Farbpigmente des in der Umgebung von Arles (Südfrankreich) entstandenen Bildes seien mit jenen identisch, die er in anderen Bildern benutzt habe. Leinwand und Grundierung stimmten mit zumindest einem anderen Werk von van Gogh überein, hieß es. Das Bild sei mit 93,3 Zentimeter Breite und 73,3 Zentimeter Höhe relativ groß.
Van Gogh war Anfang 1888 nach Arles gekommen, wo er einige seiner berühmtesten Bilder malte - die "Sonnenblumenbilder" ebenso wie die "Fischerboote am Strand von Saintes-Maries" oder die ebenfalls in mehreren Versionen entstandene "Brücke von Langlois".
Van Gogh hat dem Museum zufolge in zwei Briefen zu dem Bild aus Montmajour geschrieben, das Gemälde sei ihm misslungen. Er habe dies aber auch andere mittlerweile weltberühmte Bilder wie "Sternennacht" (1889) oder "Der Sämann vor untergehender Sonne" als missraten oder schlecht beschrieben. Im "Sonnenuntergang bei Montmajour" gebe es neben "starken und deutlichen Eigenschaften van Goghs" allerdings auch "schwächere und weniger treffsichere Passagen".
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"Spannung zwischen Traum und Realität"
Van Gogh habe höchste Ansprüche an sich gestellt und sei oft der Ansicht gewesen, dass er seine Aufgabe nicht gut genug erledigt habe, hieß es in der Mitteilung des Museums. "Aber die Spannung zwischen Traum und Resultat macht dieses Werk sehr anziehend", erklärten van Tilborgh und Meedendorp. "Wir können hier sehen, wie van Gogh arbeitet, wie er kämpft. Und das macht zum Teil den Charme des Werks aus." Das Gemälde sei eine experimentelle Arbeit und zugleich der Beginn einer neuen Phase, in der van Gogh immer pastöser und mit dickerer Farbe zu malen begonnen habe.
Das Gemälde gehörte 1890 zur Sammlung von Theo van Gogh, der als der engste Vertraute und als wichtigste Bezugsperson seines psychisch labilen Bruders gilt. Es wurde 1901 verkauft und geriet 1910 in den Besitz eines norwegischen Kunstsammlers. Über die Identität des jetzigen Besitzers wurden keine Angaben gemacht. Vincent van Gogh hat zu Lebzeiten lediglich ein einziges Bild verkaufen können - für 400 französische Francs. (dpa)