Essen. Theater ohne Worte bei der Ruhrtriennale: Der „FC Bergman“ aus Belgien erzählt in dem Stück „300 el x 50 el x 30 el“ im Salzlager der Essener Welterbe-Kokerei Zollverein vom Verborgenen des menschlichen Alltags. Am Ende der Performance stand ein Happening mit 80 hopsenden Ruhrgebiets-Statisten.

Vorsicht Kamera! Wer in diesem gottverlassenen Dorf der Unersättlichen, Notgeilen und Ewiggestrigen lebt, der hat bald keine Geheimnisse mehr. Denn unermüdlich kreist die Kamera um diese Zivilisationsbaracken und zerrt jeden Trieb und jede Monstrosität, jede seelische und körperliche Deformation auf die große Bühnen-Leinwand in diesem „Theaterstück über das, was man nicht sieht“.

„300 el x 50 el x 30 el“ heißt das im Salzlager der Kokerei Zollverein aufgeführte Stück von „FC Bergman“ für die Ruhrtriennale, dessen Titel genau so viel Deutungsfreiraum lässt wie das filmreife Bühnensetting aus Angler-Tümpel, Bretterbuden und einer Tannenwaldschonung, die zwischendurch schon mal Kopf steht.

Irgendwo zwischen Brecht und Lars von Trier, zwischen Verdi und David Lynch sucht man sich die Steigbügel für diesen szenischen Ritt durch die menschlichen Abgründe, für dieses aberwitzige Spiel mit dem Verbotenen und Verborgenen, das von der kreisenden Kamera in immer wilderer Fahrt herangezoomt wird: soldatische Kriegs- und Liebesspiele unterm Wehrmachtshelm, Kinder beim Taubenquälen, blutige Geschichtsübungen a la Tell. Und die Muttergottes bewacht die familiären Fäkal-Bemühungen im Schatten von Gustave Courbets Gemälde eines nackten Frauenschoßes.

Kleine böse Geschichten vom menschlichen Mühen

FC Bergman, diese belgische Truppe, die Corpsgeist (FC) und künstlerisches Charisma (Ingmar Bergman) im Titel vereint, macht pures Bilder-Theater, Theater ohne Worte, das doch sehr erzählerisch daherkommt. Suggestiv, verstörend und ironisch gebrochen sind diese kleinen bösen Geschichten vom menschlichen Mühen und Scheitern kurz vor dem Untergang.

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Bis das triefende Opferlamm irgendwann aus dem Tümpel gezogen ist und sich alle Bilderbotschaften, alle Bedrohung und auch aller Bedeutungsballast in einer wild-zuckenden Körperperformance auflöst: So endet der FC Bergman-Abend, wie er 2011 beim Klepper Festival in Antwerpen begonnen hat: Als Happening, mit 80 hopsenden Ruhrgebiets-Statisten.

Auch dafür: viel Applaus.