Hamburg. Fatih Akin gehört zu den erfolgreichsten Filmemachern Deutschlands. Als Schauspieler hatte er keine Lust, nur Rollen als “Klischee-Türke“ zu bekommen, deshalb schrieb er lieber Drehbücher und führte Regie. Jetzt feiert Akin seinen 40. Geburtstag, wichtiger ist ihm jedoch sein neuer Film.

Auch wenn es ein runder Geburtstag für ihn wird und dieser sogar auf einen Sonntag fällt, will Filmemacher Fatih Akin an dem Tag im Schnittraum sitzen. 40 Jahre alt wird der Regisseur aus Hamburg am Sonntag (25. August) - und steckt mitten in der Arbeit an seinem nächsten Werk. "Er schneidet gerade den dritten Teil seiner Trilogie "Liebe, Tod und Teufel"", berichtet Akins Sprecherin Karen Rudolph, "das interessiert ihn allemal mehr als sein Geburtstag." Nach den Themen Liebe mit "Gegen die Wand", Tod mit "Auf der anderen Seite" soll nun der Teufel folgen.

Für den Film mit dem bisherigen Titel "The Cut" hat Akin in den vergangenen Monaten an den unterschiedlichsten Orten gedreht: Mit seiner Crew war er in Kuba, Jordanien, Kanada und Deutschland unterwegs, um den Schlusspunkt seiner Trilogie in Szene zu setzen. Um das Böse im Menschen geht es diesmal, als Hauptdarsteller holte er sich den Franzosen Tahar Rahim ("Ein Prophet", "Black Gold"). Auch Akins Heimatstadt, wo er diesmal auf dem auf der Elbe im Hafen liegenden Museumsschiff "Rickmer Rickmers" drehte, lieferte ihm wieder Motive - wie schon für so manches Werk des deutsch-türkischen Regisseurs aus Hamburg-Altona.

Bomberjacke und viel Gel in den Haaren

Sein Spielfilmdebüt "Kurz und schmerzlos" von 1998 etwa erzählte von drei Freunden im Kiez-Milieu von Altona. Seitdem hat der Regisseur für seine Werke zahlreiche Preise abgeräumt und gilt als einer der erfolgreichsten Filmemacher Deutschlands. Nach "Kurz und schmerzlos" folgten "Im Juli", "Solino" und 2004 mit "Gegen die Wand" dann der Berlinale-Triumph und der internationale Durchbruch. Ob danach das Drama "Auf der anderen Seite" oder die Komödie "Soul Kitchen" - was Akin auf die Leinwand brachte, erntete Beachtung und Preise. Seine Dokumentarfilme "Crossing The Bridge" und "Müll im Garten Eden" waren unter anderem in Cannes zu sehen.

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Nicht nur als Regisseur und Drehbuchautor, sondern ebenso als Produzent mit seiner Firma Corazón International ("Chiko", "Takva - Gottesfurcht") feierte Akin Erfolge. Auch als Schauspieler stand er anfangs vor der Kamera, doch irgendwann wollte der in Hamburg geborene Sohn türkischer Einwanderer nicht mehr den "Türken vom Dienst" geben. Schon als er noch gemeinsam mit Kumpel Adam Bousdoukos - später sein Hauptdarsteller in "Kurz und schmerzlos" und "Soul Kitchen" - zur Schule ging, schrieb er erste Drehbücher und filmte mit einer Super-8-Kamera.

Im multikulturellen Stadtteil Altona führte der Sohn einer Lehrerin bisweilen eine Art Doppelleben. "Erst Bücher ausleihen, die ich am besten versteckte, und die Brille abnehmen, denn ich bin kurzsichtig. Mitglieder einer Gang tragen keine Brille und lesen auch keine Bücher", erzählt Akin in seinem 2011 erschienenen Buch "Im Clinch". Die Straße, in der er aufwuchs, habe die höchste Kriminalitätsrate in Hamburg gehabt. "Ich wurde bei den Türk Boys aufgenommen, trug eine Bomberjacke und hatte viel Gel in den Haaren." Geprügelt habe er sich, aber nie an Autodiebstählen, Einbrüchen oder Drogendeals beteiligt - und den Absprung geschafft.

Akin will Zuschauer zum Nachdenken bringen

In Altona wohnt Akin noch immer, dort lebt er mit Ehefrau Monique und dem gemeinsamen Sohn. Heimat sei kein geografischer Ort, sagte er mal. "Heimat ist eher ein Zustand im Kopf, also der Ort, an dem man sich gerne aufhält." Seine Heimat sei Hamburg. "Ich für mich habe erkannt, so sehr ich die Türkei auch liebe, es ist das Land meiner Eltern", erklärte er. "Ich liebe meine Eltern, und das Verhältnis, was ich dem Land gegenüber habe, ist sehr familiär bestimmt. Ich fühle mich verantwortlich, weil ich mich meinen Eltern gegenüber verantwortlich fühle." Den türkischen Staatspräsidenten Abdullah Gül forderte er jüngst in einem offenen Brief auf, die Gewalt in seinem Land zu beenden.

Bei der Arbeit an seinen Spielfilmen habe er keine politische Botschaft im Kopf, sagte Akin mal, er wolle ein Geschichtenerzähler sein, Menschen unterhalten und zum Nachdenken bringen. Wäre sein eigenes Leben ein Film - keine Szene hätte er herausgeschnitten. Akin: "Selbst die Fehler und Peinlichkeiten, Schandtaten und Sünden, wenn man sie ehrlich genug reflektiert, können einen weiterbringen im Leben." In seinem Buch vergleicht er das Filmemachen mit dem Boxen: "Kräfte einteilen, Taktik, Timing." Für seine nächste Runde steht er bereits wieder im Ring - selbst am Geburtstag. (dpa)