New York. Ihre Stimme machte sie zum Weltstar, einfach war der Weg zum Erfolg nicht. Mit Deutschland, das sie erst feierte und dann verriss, hat Ute Lemper längst Frieden geschlossen. Am glücklichsten ist sie ohnehin in New York. Auf der Bühne will sie weiterhin die Femme Fatale geben.

Sie gilt als unnahbare Diva und spielt gern mit Klischees. Betritt Ute Lemper die Bühne, dann im funkelnden Abendkleid, mit knallrotem Lippenstift und kokettierendem Augenaufschlag. Ihre klare Stimme kann einen leicht verruchten Unterton annehmen. So kennt man Deutschlands bekanntesten Musical-Export, den Star aus «Cats» und «Chicago»: Als glamouröse Diva. Die Sängerin, die am 4. Juli ihren 50. Geburtstag feiert, schlüpft gern in diese Rolle - mehr, sagt sie im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa, sei die Verwandlung zur Show-Lemper nämlich nicht.

«Die Femme fatale, die exotische Dame der Nacht bin ich nur auf der Bühne. Das ist mir zu anstrengend, zu destruktiv. Im Privatleben wähle ich sehr bewusst die harmonische Seite», sagt Lemper. Sobald die Show zu Ende ist, ist sie vor allem Mutter und Ehefrau. Die vier Kinder - ihr jüngster Sohn Julian kam 2011 auf die Welt - halten sie gut auf Trab. Nebenher produziert sie CDs, wie «Ute Lemper singt Pablo Neruda», die Ende des Sommers erscheint, sie geht auf Tournee und probiert sich immer wieder neu aus. «Ich liebe die Vielfalt.»

Erfolg kam früh und schnell

Die Tochter eines Bankkaufmanns wurde 1963 in Münster geboren. Schon als Kind sang sie gern, tanzte viel Ballett und war als Teenager Frontfrau der Punkgruppe Panama Drive Band. Der Erfolg kam früh und schnell. Als 20-Jährige wurde sie für die Wiener Inszenierung von «Cats» entdeckt, es folgten Musicals wie «Peter Pan» und «Starlight Express» - Deutschland hatte einen neuen Star mit beneidenswert langen Beinen und viel Sex-Appeal.

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Von Michael-Georg Müller

Der große Durchbruch kam 1987 im Pariser Mogador-Theater mit ihrer Darstellung der Sally Bowles in «Cabaret». Sie erhielt den französischen Theaterpreis «Molière» und wurde als «Entdeckung des Jahres» gefeiert. Paris lag ihr zu Füßen. Die Medien überschlugen sich. Sie wagte Soloprojekte wie ihre erste Platte mit Liedern von Kurt Weill, ein internationaler Erfolg.

Vernichtende Kritiken in Deutschland, ein Star am Broadway

In Deutschland war man anfangs noch stolz auf den bekanntesten Musical-Export. «Die Lemper» war plötzlich überall. Doch ausgerechnet in der Heimat kippte die Stimmung ziemlich schnell. Die Presse wurde harsch, oft verletzend, die Kritiken zum Teil vernichtend. Ein Tiefpunkt waren 1992 die Stimmen zu ihrer Darstellung der Lola in einer Berliner Inszenierung von Peter Zadeks «Der Blaue Engel».

Sie kehrte Deutschland den Rücken, zog um die Welt, lebte in London und New York - und feierte international Erfolge. Wie mit ihrem preisgekrönten «Chicago»-Gastspiel 1998 in London als Velma Kelly. In der selben Rolle sorgte Lemper anschließend auch am New Yorker Broadway für Furore - und für so manchen Verkehrsauflauf am Times Square. Dort räkelte sich die Sängerin, die berühmten Beine lässig über die rote «Chicago»-Schrift gelegt, auf überdimensionalen Billboards.

Fest verwurzelt in New York

Das stressige Musical-Leben gab sie schließlich auf, aus New York wollte sie aber nicht mehr weg. «Ich liebe diese Stadt einfach. Es herrscht hier eine geistig-mentale und politische Freiheit, es gibt nichts Kleinbürgerliches, alles ist kosmopolitisch offen und zugleich sehr entspannt», sagt die Musikerin. Nach Deutschland zurückzukehren sei kein Thema. Nicht wegen der früheren Medien-Kritik, dieses Kapitel habe sie abgeschlossen.

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Von Frank Grieger / freizeit

Mittlerweile sei sie einfach zu fest verwurzelt in der Metropole. Mit den Teenagern Max und Stella aus der Ehe mit dem Musiker David Tabatsky, sowie Julian (7) und dem kleinen Jonas lebt Ute Lemper hoch über Manhattan an der Upper West Side. Der Blick von der Dachterrasse geht auf das Empire State Building und den Central Park. Dort hat sie 2011 auch den Vater von Jonas und Julian, ihren langjährigen Lebensgefährten Todd Turkisher geheiratet. Einen Tag vor der Geburt gaben sie sich im Kreis der Familie das Ja-Wort.

Erfolg mit Brecht-Songs

Ihren Fünfzigsten will sie ähnlich feiern, diesmal allerdings im Landhaus, «die Terrasse wird gerade renoviert.» Feste Pläne gebe es für die nächsten Jahre nicht. Auf der Bühne will sie weiterhin die Femme Fatale geben. Seit Jahren feiert Lemper mit Songs von Kurt Weill und Bertolt Brecht auf der ganzen Welt als Chansonstar Erfolg. Mit ihrer letzten Platte «Lost Tango», einer Liebeserklärung an den 1992 verstorbenen Argentinier Astor Piazzolla, tourte sie auch in Deutschland. Die Pablo-Neruda-CD ist ebenfalls ein Herzenswerk.

Angst vor dem Älterwerden habe sie nicht. «Ich bin eigentlich stolz auf meinen Geburtstag und habe überhaupt keine Probleme, ihn zuzugeben. Ich fühle mich wohl, jung im Herzen, zeitlos attraktiv. Meine Familie hat mir den festen Boden unter den Füßen gegeben. Und es gibt nichts Größeres als die Liebe. Auch als 50-Jährige.» (dpa)