Recklinghausen/Wuppertal.. Käfer, Spinnen und andere Mischwesen: Die Kunsthalle Recklinghausen und der Skulpturenpark Waldfrieden in Wuppertal zeigen Werke des 54-jährigen Documenta-Teilnehmers aus Belgien. In Recklinghausen sind seine Anfänge mit Zeichnungen und Insektenskulpturen zu sehen, in Wuppertal seine jüngsten Bronze-Skulpturen.
Auf der Art Cologne gingen Jan Fabres Großbilder aus Tausenden von grün schillernden Smaragdkäfern für 240.000 Euro weg.
In Recklinghausen ist nun zu besichtigen, wie alles anfing mit dem kleinen Jan und den Insekten, die zum Markenzeichen des Documenta-Teilnehmers Fabre geworden sind. An seine frühe Käfer-, Spinnen- und Fliegen-Obsession erinnert ein ganz in Rot getauchter Raum der Kunsthalle, in dem als Installation das primitive Indianerzelt aufgebaut ist, in dem der heute 54-jährige Jan Fabre auf dem Grundstück seiner Eltern in Antwerpen Insektenstudien trieb, mit Kinder-Mikroskop und Tinkturfläschchen und einer baumelnden Taschenlampe als Deckenbeleuchtung.
Vor allem aber zeigt die Kunsthalle als Begleitausstellung zu den diesjährigen Ruhrfestspielen die frühen Zeichnungen und die ersten Insektenskulpturen des Belgiers, der sowohl an der Kunstgewerbeschule als auch der Königlichen Kunstakademie seiner Heimatstadt studierte.
Der surreale Umgang mit Sechs- und Achtbeinern, der sich auf den Zeichnungen anfangs noch ungelenk anbahnt (in den Kugelschreiberschraffuren allerdings schon ganz eigene, alptraumhafte Konturen gewinnt), wird in den Miniatur-Skulpturen ins Groteske gesteigert: Spinnen kommen mit einem Kompass als Leib daher, Nashornkäfer wachsen sich mit einer Gewehrkugel auf dem Rücken zur Raketenabschussrampe aus. Andere Krabbler haben eine Tuschfeder als Fühler, Räder von Matchboxautos als Beine oder einen Rasierpinsel-Schwanz. Jenseits der Bastelfreude und Experimentierlust ist an der Ungeheuerlichkeit dieser Bastarde aus Natur und Zivilisation abzulesen, wie aus der Kombination von Vertrautem die Angst vor dem Fremden erwächst. Weil sich diese Angst indes in Schrecken und Schmunzeln zugleich Luft macht, päppeln diese Objekte auch die Zuversicht, mit dem ganz Anderen umgehen zu können.
Das acht Quadratmeter große „Spinnenkoppentheater“ (1979) treibt die Ironie auf die Spitze: eine Riesen-Puppenstube für Vogelspinnen, mit sozialistischem Politbüro und Sado-Maso-Studio, mit Zirkusarena und Parklandschaft, Klinik, Disco und Truppenübungsplatz, Minenfeldern aus Heftzwecken und Rasierklingen. Eigentlich sollen sich darin lebende Vogelspinnen tummeln.
Tierschützer verprügelten ihn
Doch nachdem radikale Tierschützer Jan Fabres Hompage gehackt und lahmgelegt haben, nachdem er sogar verprügelt wurde, neigt der Künstler zur Vorsicht und verzichtete auf das krabbelnde Kunstpersonal. Jetzt ist das „Spinnenkoppentheater“ mit Spinnen-Körpern bestückt, die nach Häutungen der Tiere zurückblieben. „Vielleicht werden wir zu den regelmäßigen Ausstellungs-Führungen unter fachlicher Aufsicht lebende Spinnen in der Installation haben“, hofft Kunsthallen-Chef Ulrich.
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In Wuppertal ist derweil das andere Ende von Fabres Entwicklung zu sehen: Im Pavillon des Skulpturenparks Waldfrieden sind die aufwändig hergestellten, vergleichsweise harmlosen Bronze-Güsse seiner Insektenphantasien zu bestaunen. Hochglänzend poliert, trägt ein Riesenkäfer ein Kreuz auf dem Rücken, aus einer Hirnmasse wächst ein Kruzifix empor oder recken sich Engelsflügel und Fabres Selbstporträt ist mit Heftzwecken gespickt. Und auch hier geht es, wenn auch geschmeidiger, wie stets im Fabre-Universum um das Vertrautwerden mit dem Ungeheuren.