Recklinghausen.. Die „Kunsthallen-Bande“ ermöglicht mit Hilfe der Rotarier neue Angebote für Schulklassen in der Kunsthalle. „Wiederholungstäter“ erwünscht.
Klingt gefährlich: „Kunsthallen-Bande.“ Aber die Jugendlichen der 8 a und b von der Albert-Schweitzer-Förderschule beugen sich still-versunken über ihre Blätter. Laut zählend gibt Sabine Riedel-Dieckmann den Takt vor. „Zeichnen im Raum“, so wie es die norwegische Biennale-Künstlerin Bente Stokke vorgab, heißt auch: genau ein Punkt pro Sekunde.
„Nein, es ist schön und lustig“
Die Zeichen-Professorin tat’s für ihre aktuelle Ausstellung in der Kunsthalle eine Stunde lang: 3600 Punkte. Und sie zeichnete exakt „einen Kilometer“ in Hunderten Schlaufen einer großen Acht. „Da fällt irgendwann der Arm ab“, meint „Saridi“, die neue Kunstpädagogin in der Kunsthalle – „oder auch nicht“. Ist das Zeichnen à la Stokke wirklich so anstrengend? „Nein“ rufen die Schüler im Chor. „Es ist schön und lustig.“
Zwei Schulen stehen derzeit im Fokus der Kunstpädagogik. „Es war eine glückliche Fügung“, sagt Dr. Hans-Jürgen Schwalm als stellvertretender Leiter der Kunsthalle. Alexandra Skific, Kunstpädagogin „seit fast 20 Jahren“, sorgte für den Kontakt zur nahen Romberg-Grundschule. Und Sabine Riedel-Dieckmann mit dem Künstlernamen Saridi ist zwar neu im freiberuflichen Team der Kunsthalle, brachte aber aus ihrer Erfahrung mit Schulprojekten den Kontakt zur Süder Albert-Schweitzer-Schule mit. „Beide übernehmen Paten-Funktionen“, sagt Dr. Schwalm.
Dank des Rotary-Clubs Recklinghausen kann die Kunsthalle ihr pädagogisches Programm in kleinen Schritten ausbauen. Die Förderschüler, die sich so bereitwillig auf die konzeptuell-strenge Kunst Bente Stokkes einließen – „das sind alles Museums-Anfänger“, wie Hans-Jürgen Schwalm sagt. „Wir versuchen eine Identität mit der Stadt herzustellen. Es ist wichtig, dass Schüler hierher kommen – Recklinghausen passiert auch hier.“
Lässt sich jede zeitgenössische Kunst vermitteln? „Mit der entsprechenden spielerischen Anleitung“: Alexandra Skific formuliert ein entschiedenes Ja. „Jede Kunst geht für Kinder.“ Auf dem Weg in die dritte Ausstellungs-Etage, zu den hohen Glaswänden mit Bente Stokkes Asche-Zeichnungen, stellte die Kunstpädagogin eine Fangfrage: „Unten war ein Putzeimer vergessen worden. Ich fragte: Kann das auch Kunst sein?“ Durchaus, meinten einige Achtklässler. Dr. Schwalm wünscht sich „Wiederholungstäter“. Mit einem einmaligen Museums-Besuch – der womöglich im Unterricht nicht vorbereitet wurde – sei noch nicht viel erreicht.
„Einbruch kam schon vor Jahren“
Neben dem schmalen Budget der Kunsthalle für das pädagogische Angebot gibt es eine noch höhere Hürde: den zunehmend verdichteten Schulalltag. „Der Einbruch kam schon vor Jahren“, bestätigt Hans-Jürgen Schwalm – und zwar in großen und kleineren Häusern (Blockbuster-Ausstellungen hier mal ausgenommen).
Inklusive der Fahrzeiten widmen die Albert-Schweitzer-Schüler einen ganzen Vormittag dem Museums-Erlebnis. Vier Gymnasien und ein Kolleg sind in der Nähe der Kunsthalle am Hauptbahnhof. „Aber sie sind am schwierigsten zu erreichen.“ Dabei versprechen Alexandra Skific und Saridi „ein ganz anderes Kunst-Erleben“.