Essen. Ein Getränk – viele Geheimnisse. Ob Physiker, Gentechniker, Anthropologen oder Chemiker, sie alle beschäftigen sich mit dem Gerstensaft. So fanden irische Physiker heraus, warum einige Bläschen im Guinness-Glas nach unten sinken, anstatt aufzusteigen.
Wenn auch der lateinische Name für Hopfen (Humulus lupulus) schon ein wenig nach trunkenem Lallen klingt, beschäftigen sich viele Wissenschaftler – von Physikern und Chemikern über Gentechniker und Anthropologen bis Medizinern und Ernährungswissenschaftlern – ganz ernsthaft mit dem Bier. Sie sind halt auch nur Menschen. Der Physik hat es besonders der Schaum angetan.
So untersuchten im vergangenen Jahr Physiker die „Fluiddynamik“ im Guinness. Ein Team von der irischen Universität in Limerick – woher auch sonst – fragte sich, warum in einem typischen Glas frisch gezapften Guinness einige der winzigen Bläschen im äußeren Bereich des Glases entgegen der physikalischen Lehre nach unten absinken und diejenigen im Inneren gemäß der Lehrmeinung nach oben aufsteigen. Sie deckten anhand von Versuchen und Computersimulationen auf, dass die spezielle Form des Glases für das Phänomen verantwortlich ist.
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Die Kohlendioxid- und Stickstoffblasen besitzen eine geringere Dichte als das umgebende schwarzbraune Starkbier und sollten daher alle aufsteigen. Da nun ein typisches Guinness-Glas unten schmaler ist als oben, verteilen sich die vom Boden aufstrebenden Gasgebilde auf ihrem Weg nach oben auf eine größere Fläche, wodurch die Blasendichte an den Seiten im Verhältnis zur Mitte abnimmt. Auch fließende Blasen erzeugen Reibung in einer Flüssigkeit. Im Innenbereich eines Guinnessglases ist diese durch die Anzahl der Blasen größer als im Außenbereich, was dort das Strömungsmuster umkehrt und die Bläschen am Glasrand nach unten sinken lässt. Studienleiter Eugene Benilov hat in verschiedenen Gefäßen die Zirkulation getestet und konnte zeigen, dass in einem perfekten Zylinder alle Blasen gleichmäßig aufsteigen und in einem unten breiteren Gefäß als oben die Bläschen außen nach oben strömen und innen nach unten. Wie die Physiker nach den Versuchsreihen die Experimentalflüssigkeit entsorgt haben, ist nicht dokumentiert.
Der Traum vom perfekten Bierschaum
Auch Gentechniker träumen vom perfekten Bierschaum. Spanische Forscher haben in der Bierhefe ein Gen entdeckt, das die Stabilität des Schaums entscheidend beeinflusst. Das Team um Lucia Blasco von der Universität Santiago de Compostela fand ein „CFG1“ getauftes Gen, das ein bestimmtes Eiweiß aktiviert. Aus früheren Untersuchungen wusste man, dass Eiweiße im Bier maßgeblichen Anteil an der Entstehung und dem Erhalt der Schaumbläschen haben. Um den Einfluss von CFG1 zu überprüfen, schaltete Lucia Blasco das Gen in der Hefe gezielt aus und braute mit dem veränderten Hefestamm Bier.
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Schon im Gärprozess wandelt die Bierhefe den Malzzucker in Kohlensäure und Alkohol um. Sobald das Bier eingeschenkt wird, lässt die Kohlensäure Bläschen entstehen und an die Oberfläche steigen. Eiweiße aus Gerste oder Weizen bilden eine elastische Außenhaut der hellen Blasen aus Luft, Molekülen und Flüssigkeit. Durch Verdunstung platzt die Hülle der Bläschen, die Luft entweicht und der Schaum wird wieder zu Bier. Ohne das vom Gen CFG1 produzierte Eiweiß warf das Bier grobe, schnell platzende Schaumblasen. Blasco hofft, dass der Schaumschwund im nicht gerade für eine Schaumkrone berühmten spanischen Bier mit einem optimierten CFG1-Hefestamm verlangsamt werden kann.
Hopfen-Bitterstoffe wirken gegen Diabetes und bestimmte Krebsarten
Kürzlich konnte der Chemiker Werner Kaminsky von der Universität Washington die unterschiedlichen Strukturen der Hopfen-Bitterstoffe aufklären. Diese sogenannten Humulone verleihen dem Bier seinen bitteren Geschmack, hemmen das Bakterienwachstum und wirken als natürliches Konservierungsmittel. Kaminsky konnte nun mittels Röntgenanalyse zeigen, wie sich beim Erhitzen diese Stoffe in unterschiedliche Substanzen umwandeln. Das könnte wichtig für die gesundheitsfördernde Wirkung der Bitterstoffe sein. „Auch wenn exzessiver Bierkonsum nicht zu empfehlen ist, so gibt es doch Hinweise, dass Hopfen-Bitterstoffe unterstützend bei Diabetes oder bestimmten Krebsarten wirken, entzündungshemmend sind und sie sollen die Gewichtsabnahme begünstigen“, erläutert Kaminsky.
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Bierliebhaber werden sich über aktuelle Erkenntnisse kalifornischer Ernährungswissenschaftler freuen: Bier ist gut für die Knochen. Bier enthält Kieselsäure, die der Körper zum Knochenaufbau braucht. Diese Kieselsäure liefert Silizium in der Schale der Gerste und noch mehr im Hopfen, in geringerem Maß in Weizen. Die Forscher um Charles Bamforth untersuchten 100 Biersorten und stellten Schwankungen von 6,4 bis 56,5 Milligramm pro Liter fest. Am reichhaltigsten an Kieselsäure sind helle Biere mit einem hohen Hopfenanteil aus nur leicht gerösteter Gerste.
Wohlschmeckend und auch noch gesund
Seit Frühjahr 2011 ist ein alkoholfreies Bier auf dem Markt, das nach einem neuen Brauverfahren der Technischen Universität Berlin hergestellt wird. „Ziel unserer Forschung war es, den Geschmack von alkoholfreiem Bier deutlich zu verbessern, und ein gesundes Bier zu brauen“, erklärt Frank-Jürgen Methner, Leiter des Fachgebiets Brauwesen der TU. Viele alkoholfreie Biere schmecken fad, nach Fehlaromen und riechen nach Würze.
Die neue Technologie der Wissenschaftler kombiniert herkömmliche Gärung beim Brauverfahren mit einer speziellen Kombination aus Hefepilzen und Milchsäurebakterien nach dem Deutschen Reinheitsgebot. Dabei entsteht ein Bier unterhalb des gesetzlichen Grenzwertes von 0,5 Prozent Alkohol. Allerdings ist Alkohol ein Geschmacksträger, bei der Gärung entfalten sich die Aromen. „Wird bei der Gärung nur wenig Alkohol gebildet, entwickeln sich entsprechend weniger Aroma-Stoffe. Die wissenschaftliche Herausforderung bestand darin, trotz des geringen Alkohols dennoch viele Aroma-Stoffe entstehen zu lassen, um ein frisches, vollmundiges, wirklich nach Bier schmeckendes alkoholfreies Bier mit einer markanten Bitternote herzustellen“, erklärt Methner. Dieses Bier schmecke nicht nur gut, es sei auch gesund. „Es ist isotonisch und reich an Vitaminen, Mineralien, Aminosäuren und Polyphenolen. Es ist das ideale Konferenz- und Sportlergetränk.“