Essen. . Die Kontroverse über den Wörteraustausch in Kinderbüchern, lässt auch Autoren wie Cornelia Funke und Helme Heine nicht unberührt. Wir haben nachgefragt, ob und wann Begriffe wie „Neger“ und „Zigeuner“ ersetzt werden sollten.

Sollten manche Begriffe aus Kinderbuch-Klassikern durch politisch korrekte Wörter ersetzt werden? Und was empfinden Autoren bei der Vorstellung, dass Verlage Wörter womöglich in ihrem Werk austauschen möchten? Die Antworten:

Helme Heine, Autor der tierischen „Freunde“: Ich halte die Diskussion über political correctness für Schwachsinn. Soll der Zigeunerbaron in Zukunft der Sintibaron heißen? Müssen wir von unseren Domen die Dukatenscheißer entfernen? In unseren Museen die Bilder überkleben, die politisch unerwünscht sind? Dürfen die Indianer keine Friedenspfeife mehr rauchen?

Die Sendung mit der Maus lehnte ein Drehbuch von mir ab, weil der Weihnachtsmann in seinem rot-weißen Mantel eine Erfindung von Coca Cola sei, wie ein Historiker herausfand. Der Weihnachtsmann ist also ab sofort Schleichwerbung. Die 68er Generation hat die „grausamen“ Grimmschen Märchen verdammt. Bruno Bettelheim verteidigt sie: Kinder brauchen Märchen.

Ich bin gespannt, wann in den Kinderbibeln Jesus nicht mehr am Kreuz endet, sondern im Altersheim. Diese Diskussion beginnt mit dem Auswechseln von Worten. Irgendwann folgen Bilder. Eines Tages brennen die Bücher. „Sir, geben Sie Gedankenfreiheit“, sagt der Marquis Posa bei Schiller.

Kirsten Boie, Autorin von „Der kleine Ritter Trenk“ oder „Ringel, Rangel, Rosen“: Grundsätzlich sollte mit Kinderliteratur ebenso respektvoll umgegangen werden wie mit Werken für Erwachsene. Anders als erwachsene Leser sehen Kinder aber Texte nicht historisch. Wenn in einem Buch „Neger“ steht, dann darf man das auch sagen. Das Wort „Negerkuss-Wurfmaschine“ in einem meiner älteren Bücher habe ich vor ca. 15 Jahren daher leichten Herzens gegen „Schokokuss-Wurfmaschine“ ausgetauscht, und auch für die Zukunft wünsche ich mir, dass möglichst wenige Menschen sich durch meine Texte verletzt fühlen müssen. Noch mehr wünsche ich mir allerdings, dass ein Wörtertausch gar nicht nötig wird – weil die genannten Gruppen nämlich nicht mehr diskriminiert und die sie bezeichnenden Begriffe daher nicht mehr weiter kontaminiert werden!

Max Kruse, Autor von „Urmel“ und „Der Löwe ist los“: In Unterhaltungsliteratur, die ein größeres, und oft auch ein weniger gebildetes Publikum erreicht und meist kurzlebiger ist: Ja, da sollten solche Begriffe geändert werden.

Bei echten Klassikern, vor allem von Autoren, die bereits gestorben sind, sollten Wörter keinesfalls ausgetauscht werden. Diese gelangen aber auch meist in Familien, deren Eltern so gebildet und erfahren sind, dass sie den Kindern erklären können, wie sich die Ansichten geändert haben, und warum.

Wenn der Verlag bei mir Wörter austauschen möchte, ist das kein Problem. Ich wünsche mir, dass meine Bücher leben, auch wenn dabei kleine Änderungen nötig werden. Ich habe selbst schon vor vielen Jahren, als dies noch keine so lebhafte Diskussion war, derartige Änderungen genehmigt. Wir sind alle keine Götter und daher nicht unfehlbar.

Cornelia Funke, Autorin der „Tintenwelt“, „Die Wilden Hühner“ und „Reckless“: Ich finde nicht, dass Wörter ausgetauscht werden sollten, selbst wenn sie uns heute politisch unkorrekt erscheinen. Sie machen uns doch nur bewusst, wie sich Denken und Bewusstsein ändern und dass auch Geschichten Dokumente einer Zeit sind. Wer bestimmt, was politisch korrekt ist? Da wird es ganz gefährlich!