Washington. . Triumph über den Terror oder Folterspuren an den Händen einer vermeintlich überlegenen Kultur? Offenbar schließt sich das nicht aus. Der Film „Zero Dark Thirty“ erzählt von den US-Methoden, dem Terror beizukommen und ist somit auch wegen der geschilderten Details ein Politikum.

Nach der Sex-Affäre von CIA-Chef David Petraeus durfte sich der zweite Mann in Langley, Michael Morell, Hoffnung auf die Führungsrolle im amerikanischen Auslandsgeheimdienst machen. Der kontroverseste, Oscar-verdächtigste und aufrüttelndste Hollywood-Film der Jahre 2012/2103 könnte ihm jetzt die Krönung der beruflichen Karriere vermasseln.

In „Zero Dark Thirty“, der in den USA flächendeckend in der kommende Woche und in Deutschland Ende Januar in die Kinos kommt, zeichnen Regisseurin Kathryn Bigelow und Drehbuch-Autor Mark Boal in einem Mix aus Dokumentation und Thriller die zehn Jahre währende Jagd auf El Kaida-Chef Osama Bin Laden nach. Bis zum tödlichen Ende des Terrorfürsten Anfang Mai 2011 im pakistanischen Abottabad, das in dem fast dreistündigen Epos als nervenaufreibender 30-minütiger Showdown inszeniert wird.

Durch höchste Sicherheitskreise rekonstruiert

Weil sich die Filmschaffenden zu Gute halten, die Anatomie der Bin Laden-Hatz auf Grundlage von Tatsachen mit vielen Details durch höchste Sicherheitskreise rekonstruiert zu haben, sorgen vor allem die ersten Minuten des Films für Aufsehen. Dort wird gezeigt, wie es ist, wenn Amerika sich der Methoden des Bösen bedient, um das Böse zur Strecke zu bringen. Ammar, ein Gefangener der CIA, wird abscheulich gefoltert, bis er schließlich den Namen jenes Kuriers nennt, der später in der Realität wie im Film eine hartnäckige Agentin auf die Spur Bin Ladens bringt.

Seit die Folterszenen in New York und Los Angeles bekannt sind, tobt ein heftige Debatte auf mehreren Ebenen. Heißen die Filmemacher diese Methoden am Ende gut? Und stimmt die Botschaft, dass der Massenmörder vom 11. September 2001 nur durch Hilfe von Quälereien dingfest gemacht werden konnte?

Manche wittern „Geheimnisverrat“

Wer den Film hinter sich gebracht hat, kann die erste Frage verneinen. Bigelow und Boal zeigen, was Folter ist. Der Zuschauer leidet mit dem Opfer. Was den zweiten Aspekt angeht, schien die Faktenlage eigentlich klar zu sein. In mehreren Büchern wird der Nachweis geführt, dass die CIA im Nachgang zu 9/11 regelmäßig Waterboarding, Schlafentzug und gewaltsame Demütigungen eingesetzt hat, um Terrorverdächtigen die Zunge zu lösen. Gerichtverfahren haben die Vorwürfe bestätigt. Zuletzt hatte CIA-Direktor Michael Morell eingeräumt, das manche Hinweise über den Aufenthaltsort bin Ladens von Gefangenen gekommen sind, die Folter ausgesetzt waren. Einflussreichen Senatoren im US-Kongress geht diese Freimütigkeit zu weit. Sie wittern Geheimnisverrat und werfen der Produktionsfirma Sony Pictures „faktisch falsche und grob irreführende“ Arbeit vor.

Hat Morrell Hollywood hinter die Fichte geführt, sich zu wichtig gemacht? Der kommissarische Chef der CIA, der mit Billigung von Verteidigungsminister Leon Panetta mehrfach mit Bigelow und Boal über Interna des Nacht-und-Nebel-Einsatzes gegen Bin Laden gesprochen hat, machte vor kurzem einen Befreiungsversuch. „Zero Dark Thirty“ sei eine „Dramatisierung“, sagte er, und „kein realistisches Porträt“ der Ereignisse. Die CIA habe mit den Filmemachern zusammengearbeitet – „aber auf das Endprodukt keinen Einfluss“.