München. Tabor Süden kehrt zurück: In Friedrich Anis Krimi um „das heimliche Leben“ ermittelt er als Privatdetektiv in „seinem“ München, das so gar nicht schick ist. Friedrich Ani beherrscht die Virtuosität des Lakonischen. Er liefert 200 Seiten Taschenbuch wie vom großen Simenon.

Als Arthur Conan Doyle, der lustlose Allgemeinmediziner und erfolgverwöhnt Krimischreiber, vor gut hundert Jahren seines Superdetektivs überdrüssig geworden war, ließ er ihn von einem bösen Professor höchst theatralisch umbringen. Hatte jedoch vergessen, dass sie alle längst im Zeitalter der Massen lebten: Die protestierten so lange vor den Londoner Bookshops, bis Doktor Doyle seinen Sherlock wohl oder übel wiederbelebte. Seither ist uns das Muster von Todesfall (oder auch bloß Pensionierung) und Auferstehung des Ermittlers vertraut.

Das jüngste Beispiel, vergleichsweise undramatisch, liefert Friedrich Ani. Und viele haben wie ich (zumindest innerlich) gegen die Entsorgung seines melancholischen Helden Tabor Süden protestiert. Im Kölner Eigelstein-Viertel soll der Münchner Ex-Kommissar und Spezialist für tragische „Vermissungen“ zwei Jahre lang gekellnert haben. Wer glaubt denn so was?

Der unverhoffte Aufstieg ist ein vergiftetes Geschenk

Jedenfalls ist Süden, wie einst Sherlock Holmes, jetzt wieder da: als Privatdetektiv in „seinem München“ (das so gar nicht „leuchtet“ oder auch nur glitzert wie im Bussi-Bussi-Promifernsehen). Und Fritz Ani ist – nach allerlei Schreibexperimenten – wieder daheim in „seinem Format“: 200 Seiten Taschenbuch wie vom großen Simenon.

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Der Fall des „geheimen Lebens“ unterscheidet sich kaum vom Dutzend der früheren Süden-Romane, obwohl es diesmal eine Leiche gibt. Das ist aber eher ein Kollateralschaden; in der Hauptsache zeigt uns Ani wieder einmal, was für komplizierte Schicksale die einfachen Leute haben.

Kellnerin Ilka, 46, wird aus ihrer Lebensroutine gerissen – durch die plötzliche Chance zum sozialen Aufstieg: ein vergiftetes Geschenk, das in die Katastrophe führt. Ein Tragödienstoff im Kleinstformat (doch mit unverhofft tröstlichem Ausblick). Das persönliche Geheimnis aber, das den tödlichen Mechanismus in Gang setzt, das dürfen wir diesmal wirklich nicht verraten ...

Friedrich Ani beherrscht die Virtuosität des Lakonischen

Nur noch so viel: Friedrich Ani ist ein großer Künstler der kleinen Form: ein Erzähler, der ganz beiläufig das richtige Wort trifft, oder es auch knapp verfehlt, um uns zu irritieren – und der im rechten Moment verstummt.

Diese Virtuosität des Lakonischen, die ihm schon mehrmals den Deutschen Krimipreis eingebracht hat, tritt jetzt noch sehr viel deutlicher hervor. Gut möglich, dass dem Erzähler wie dem Ermittler die Auszeit gut getan hat, im Eijelsteinveedel oder sonstwo.

Friedrich Ani: Süden und das heimliche Leben. Knaur Verlag, 203 Seiten, 8,99 €