Dortmund.. Eine sensationelle Hauptdarstellerin adelt die aktuelle Neuinszenierung des Musicals „Funny Girl“ an Dortmunds Opernhaus. Das Energiebündel Katharine Mehrling ist in der Titelrolle ein Ereignis. Aber nicht alles um sie herum ist Gold, was an diesem Abend glänzen möchte.

Der letzte gesamtdeutsche Spielplanauftritt von „Funny Girl“ liegt acht Jahre zurück. Daran ließe sich vielleicht ablesen, warum das Musical nicht zu den Großen seiner Zunft zählt. Abgeschreckt hat das Dortmunds Opernintendanten nicht.

Jens-Daniel Herzog nimmt das Stück übers hässliche Entlein, das der ruppige Schwan des Broadway wird, ins Programm. Und landet einen Erfolg! Das Premierenpublikum, es schien regelrecht aus dem Opern-Häuschen.

Musikalisch gibt es manche plumpe Revuenummer

Das kann man nachvollziehen oder auch nicht. Es lauert in diesem Stück reichlich musikalisches Mittelmaß. Ein Großteil der Komposition bedient sich plumper Revue-Effekte. Manches biedert sich äußerst unraffiniert an, am schlimmsten der schunkelnde Nachbarschaftschor, der gut in Heinz Schenks „Blauen Bock“ passen könnte. Die Sendung wurde allerdings vor 25 Jahren eingestellt.

Fragt man sich, wer oder was an diesem Dortmunder Abend bedingungslos elektrisiert, ist die Antwort sechssilbig: Katherine Mehrling. Wie dieses kleine Kraftpaket als Fanny den Riesenraum des Dortmunder Hauses im Griff hat, wie sie Gosse und Grande Dame immer mit doppeltem Boden ausstattet, das ist zum Süchtigwerden gut. Mehrling hat diese besondere Stimme, in der das Verletzliche wie die raue Röhre ohne Widerspruch nebeneinander zu Hause sind: ein Timbre, das die besten Interpretinnen einer Sally Bowles („Cabaret“), einer Annie Oakley („...get your gun“) auszeichnet.

Magersüchtige Dialoge

Man hätte dieser sensationellen Titelheldin eine Umgebung auf Augenhöhe gewünscht. So aber, sieht man Fanny: halb und halb. Mag Bernhard Bettermann ein Frackträger aus dem Bilderbuch sein: An diesem Abend bietet der Smarte (als Fannys glückloser Gatte) kaum mehr als Text auf zwei Beinen. Harald Thors Bühne ist ein Sparprogramm mit Fotoprospekt. Stefan Hubers Regie haucht den größtenteils magersüchtigen Dialogen deutlich zu wenig Leben ein.

Die Zuschauer jauchzen über engagierte (wenn auch nicht sonderlich synchrone) Tanzeinlagen. Dortmunds Philharmoniker (aufgestockt durch Gäste an Saxophon, Bass etc.) bereiten unter Jürgen Grimms Dirigat hemdsärmeliges Vergnügen.

Jule Stynes „Funny Girl“ erzählt vom Sein im Schein. Für solche Abgründe nimmt sich in Dortmund niemand Zeit. Ein Spaß also, an den man sich nicht lange erinnert

Termine: 26., 27., 31.10; 3., 4., 16., 24., 25.11. Tel. 0231-5027222