Bochum. . Der Bielefelder Zeichner Ralph Ruthe ist der erste Cartoonist mit einem erfolgreichen Live-Programm. Er liefert eine schlichtweg umwerfende Mixtur aus Stand-Up-Comedy und Diaschau – und zieht damit vor allem die Internet-Generation in die Hallen.
Wenn ein Cartoonist auf Live-Tour geht, sollte man auf der Hut sein. Denn was soll der da oben auf der Bühne schon groß tun? So eine Cartoon-Live-Tour klingt doch gefährlich nach einer Mischung aus nacherzähltem Bilderwitz und Oskar, dem Schnellzeichner. Doch Ralph Ruthe, neben Joscha Sauer derzeit erfolgreichster Bilderwitzmaler Deutschlands, nimmt seinem Publikum mit einer Drohung den Wind aus den Segeln: „Ich werde singen!“ Auch wenn er dies gleich mehrmals an diesem Abend im Bahnhof Langendreer wahr macht und zu Cartoonfilmen seine Stimme erhebt, kommt es doch nicht so arg wie befürchtet.
Im Gegenteil: Ruthe gewährt plaudernd Einsicht in seine Arbeit als Zeichner und würzt dies mit den besten seiner (teils noch unveröffentlichten) Cartoons und Webvideos. Dabei kommt, wenn man es mal ganz nüchtern auf die Bestandteile reduziert, eine Mischung aus Stand-Up-Comedy und Diavortrag heraus, mit Ruthe am Mikro und einer Leinwand, auf der die Cartoons erscheinen. Und dennoch liegen die Fans der trockenen Ruthe-Pointen vor Lachen unter den Stühlen.
Denn Ruthe schafft es, die Cartoons fließend in seinen Erzählstrom einzuflechten. Etwa jenen Gag, bei dem ein Mann den Telefonhörer in der Hand hält und der Stimme des Anrufbeantworters lauscht: „Hier ist die Tinnitus-Klinik Bad Godesberg, bitte sprechen Sie nach dem Piep.“
Biber und Baum
Nunja. Ruthe gilt in der Branche als einer der Rührigsten, täglich veröffentlicht er auf seiner Webseite neue Cartoons, die auch in den Sammelbänden „Shit Happens“ und „Flossen“ erscheinen, nebenbei produziert er seinen wöchentlichen Comicstrip „Die Frühreifen“, zudem betreibt er mit seinen Zeichentrick-Videos einen der erfolgreichsten deutschen Youtube-Kanäle. Dort erscheinen in Serie etwa „Biber und Baum“ oder „Flossen“ – und seine mittlerweile preisgekrönten Werbeparodien.
Uwe, der Truckerbär
Von all dem gibt es im Live-Programm auch eine Menge Neues zu sehen. Und mehr: Ruthe packt auch ein paar seiner bisher unveröffentlichten Serienkonzepte aus, etwa die Entwürfe der ziemlich derben Serie „Uwe, der Truckerbär“, die leicht anarchische Züge aufweist.
Man sieht dem doch recht jungen Publikum an, dass es Ruthe in erster Linie aus dem Netz kennt – und als Kult begreift. Und vielleicht könnte man den Abend mit Ruthe auch besser so beschreiben: Man surft gemeinsam mit dem Zeichner und Gagproduzenten beinahe zwei Stunden lang durch sein Werk. Und weil Ruthe auch noch die Pointen hinter den Pointen meisterhaft zu erzählen weiß, geht man ihm gerne ins Netz.
- Ralph Ruthe „Shit Happens Tour 2012“: 29.11. Düsseldorf, Savoy, 30.11. Krefeld, Kulturfabrik, 1.12. Gelsenkirchen, Kaue, 2.12. Duisburg, Gramatikoff. Gerade erschienen: „Shit Happens, das große Weihnachtsbuch“ (Carlsen, 128 S., 9,95 Euro), Mehr Cartoons und Videos gibt es hier.