Gelsenkirchen. . Peter Hailer, der durch seine gewitzten Musical-Produktionen in Düsseldorf und am Musiktheater im Revier bekannt ist, inszeniert dort nun den „Figaro“ – ohne Regie-Mätzchen, mit einem bravourösen Sänger-Ensemble und einem turbulenten Auftakt.
Das Hochzeitsfieber grassiert in gräflichen Gemächern und bringt Herrschaft und Dienertrupp gleichermaßen auf Trab. Regisseur Peter Hailer, der sich mit Musical-Inszenierungen einen guten Namen gemacht hat, findet für seine Sicht auf Mozarts Oper „Le nozze di Figaro“ am Musiktheater im Revier ein treffliches Bild. Zur Ouvertüre hetzen und hecheln alle auf einem schrägen Laufsteg aus Licht einmal am Publikum vorbei.
Dieses Tempo kann die Produktion allerdings nicht über die fast dreieinhalb Stunden halten. Erst am Ende dreht sie noch einmal auf. Jubel für das ausgezeichnete Gesangsensensemble und ein gut geführtes Orchester, freundlicher Applaus für das Regieteam.
Verwechslungskomödie rund um Liebe und Eifersucht
Hailer versetzt die turbulente Verwechslungskomödie rund um Liebe und Eifersucht, um Standesdünkel, Machtstrukturen und Moral in eine nicht datierbare Theaterzeit. Vier Akte lang umschließen hohe, dunkle Holzwände die karge Kammerspielbühne (Etienne Pluss), die den Charme muffiger, längst vergessener Amtstuben verströmt.
Verblasst ist auch die Macht des Grafen Almaviva und seines Adelsstands. Mozart und sein Librettist da Ponte widmeten sich dem Stoff der Ständegesellschaft mit den Mitteln einer Liebesposse. Hailer richtet das Augenmerk vor allem auf diese amourösen Intrigen mit ihrem tragikomischen Gespinst aus Misstrauen, List und Lügen.
Die düstere Bühne, auch wenn sie noch lichte Momente erhält, ist kein Hingucker, lenkt dafür aber den Fokus auf das, was wirklich zählt: auf das ausgezeichnete Gesangsensemble und die Musik. Unter der souveränen Leitung des jungen Finnen Valtteri Rauhalammi musiziert die Neue Philharmonie Westfalen einen schlanken, eingängigen Mozartton.
Michael Dahmen liegt der beleidigte Graf
Die Kostüme (Uta Meenen) unterstützen die Zeitlosigkeit des Spiels: Auf den Köpfen noch die alten Zöpfe mit den Mozart-Perücken, darunter bunt moderne bis Rokoko-Klamotten. Aus der Ensembleleistung sticht Alfia Kamalova (Zofe Susanna) mit glasklarem, geschmeidigem Sopran hervor.
Michael Dahmen gibt einen glänzend beleidigten Grafen, Petra Schmidt mit elegantem Sopran seine ätherisch leidende Gattin. Piotr Prochera mit kräftigem Bariton ist ein stimmlich agiler Figaro und Mezzo Anke Sieloff meistert den Cherubino trotz angekündigter Indisponiertheit.
Ein Figaro ohne Klamauk, bei dem man getrost die Augen schließen und einfach nur gute Musik genießen kann.