Berlin/Wetter. Journalisten haben die Affäre rund um Ex-Bundespräsidenten Christian Wulff aufgedeckt. In dem Buch “Affäre Wulff“ geht es um die Hintergründe der Recherche die Wulff zu Fall brachten. Der Wetteraner Martin Heidemanns ist einer der Autoren. Er wurde jetzt mit dem Henri-Nannen-Preis ausgezeichnet.

Christian Wulff in der Bundespressekonferenz. Der 53-jährige hoch dotierte Frühpensionär und der erzwungener Rücktritt des 598-Tage-Bundespräsidenten beschäftigen ein weiteres Mal die Öffentlichkeit. Am Mittwoch wird Ex-Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert das Buch die „Affäre Wulff“ bei der Bundespressekonferenz in Berlin vorstellen.

Die Story, die sich um den höchsten Repräsentanten des Staates rankt, zieht den Leser wie ein übermächtiger Sog mit unwiderstehlichen Kräften in ihren Bann: Die „Affäre Wulff“, ein Buch über den „Bundespräsidenten für 598 Tage und die Geschichte eines Scheiterns“, ist packend und fesselnd wie ein Krimi.

Martin Heidemanns und Nikolaus Harbusch recherchieren fast drei Jahre lang

Ein aufregender Thriller könnte nicht mehr Interesse wecken, als diese Geschichte über die Entstehung einer Recherche und die Vergabe eines Privatkredits über 500.000 Euro. Fast drei Jahre lang haben die beiden Autoren Martin Heidemanns und Nikolaus Harbusch recherchiert, bevor am 13. Dezember 2011 in der Bild-Zeitung der erste Artikel über Christian Wulffs Privatkredit erschien. Der Beginn der „Affäre Wulff“, die am Ende zum Rücktritt des Bundespräsidenten führte. Die Staatsanwaltschaft ermittelt noch immer gegen Christian Wulff wegen eines Korruptionsdelikts.

Für ihre Recherche und Berichterstattung zur „Kredit-Affäre Wulff“ wurden die beiden Autoren am 11. Mai 2012 in Deutschen Schauspielhaus in Hamburg mit dem Henri-Nannen-Preis, der bedeutendsten Auszeichnung des deutschen Journalismus, geehrt.

Auch wenn Martin Heidemanns, der seine Kindheit und Jugend in Wetter verbrachte, abwiegelt - „Das war die Teamarbeit der ganzen Bild-Redaktion. Da griff wochenlang ein Rad ins andere.“ - ist dieser Preis die größtmögliche persönliche Anerkennung für investigativen Journalismus.

SZ weigerte sich, Preis gemeinsam mit Bildzeitungsredakteuren entgegenzunehmen

Eine Ehrung, die nicht unbedingt vorher zu sehen war, als der 15-jährige Martin Heidemanns 1978 als freier Mitarbeiter sein erstes Foto für die Westfalenpost beim Schützenverein Wengern 08 schoss. 15 Mark hat er damals dafür bekommen..

Doch das Geld war nicht ausschlaggebend. Der junge Wetteraner wollte schreiben, Geschichten erzählen, Hintergründe ermitteln - ohne Wenn und Aber.

Folgerichtig begann Martin Heidemanns 1985 sein Volontariat bei der Westfalenpost und arbeitete als Redakteur in der Zentralredaktion Hagen. 1987 wechselte Martin Heidemanns zum „Kölner Express“ und 1989 zunächst als Chefreporter und dann als stellvertretender Chefredakteur zur „Bild am Sonntag“. Seit 2001 ist Martin Heidemanns stellvertretender Chefredakteur bei der Bild-Zeitung und gleichzeitig Leiter des Ressorts „Reporter/Investigative Recherche“.

Ein Fakt, der bei den Kollegen der „Süddeutschen Zeitung“ im Mai 2012 für künstliche Aufregung sorgte. Die Journalisten aus München, die gemeinsam mit den Bildzeitungsredakteuren mit dem Henri-Nannen-Preis ausgezeichnet werden sollten, weigerten sich – allen voran Hans Leyendecker - den Preis anzunehmen.

Im Buch "Affäre Wulff" wird viel mehr veröffentlicht als in den Zeitungen stand

Für Martin Heidemanns ist die Recherche rund um Christian Wulff lediglich die Fortsetzung der konsequenten investigativen Arbeit von Bild: „Von der Enthüllung der Bonusmeilen-Affäre 2002 bis zur Kunduz-Affäre – wenn es um die Aufdeckung politischer Skandale ging, war Bild schon lang ganz vorn dabei. Das gilt für RAF-Themen und Stasi-Enthüllungen bis zur Enthüllung über Brandenburgs SPD-Innenminister Rainer Speer, der zurücktreten musste, weil sein uneheliches Kind jahrelang Unterhaltsvorschuss vom Staat bekam.“

Im Buch „Affäre Wulff“ beschreiben Martin Heidemanns und Nikolaus Harbusch weit mehr, als je in der Zeitung erschienen ist. Sie berichten von Begegnungen mit engsten Wulff-Vertrauten, dokumentieren geheime Vorgänge, legen unveröffentlichte Korrespondenz offen und geben wieder, „was das Staatsoberhaupt in seinen Mailbox-Nachrichten sagte. Ein Stück deutscher Zeitgeschichte – spannend wie ein Krimi.“

Mittwoch wird Ex-Tagesthemen-Moderator Ulrich Wickert das Buch „Affäre Wulff“, das im Verlag Schwarzkopf & Schwarzkopf“ erschienen ist, in der Bundespressekonferenz in Berlin der Öffentlichkeit vorstellen.

Die Ermittlungsakten im Fall Wulff, umfassen zwischenzeitlich 20.000 Seiten

Während dessen geht die Staatsanwaltschaft Hannover ihrer Arbeit nach. Wie sie jetzt mitteilte, wurden im Zusammenhang mit der Affäre Wulff inzwischen 93 Zeugen vernommen, elektronische Dateien aus stationären Computern, Notebooks, Tablets, Festplatten, USB-Sticks und Mobiltelefonen in einem Gesamtvolumen von 5 Terrabytes ausgewertet (circa eine Million Dateien enthielten u.a. SMS und E-Mails), 380 Aktenordner sichergestellt, 45 Bankkonten mit zahlreichen Einzelbuchungen analysiert, Telekommunikationsverbindungsdaten von 37 Telefonanschlüssen rückwirkend überprüft sowie Wohn- und Geschäftsräume in acht Objekten durchsucht.

Drei ausländische Staaten wurden um Rechtshilfe ersucht, die bisher in zwei Fällen bewilligt und geleistet wurde. Die Ermittlungsakten umfassen zwischenzeitlich über 20.000 Blatt. „Diese Arbeitspensum“, so die Staatsanwaltschaft Hannover, „konnte nur durch das besondere Engagement der 24-köpfigen Ermittlungsgruppe des Landeskriminalamtes und der vier Staatsanwälte der Zentralstellefür Korruptionsstrafsachen geleistet werden.“