London. . Großbritanniens erfolgreichster Popstar bringt am 2. November sein neues Album „Take The Crown“ heraus. Bei uns spricht er im Interview über Ehrgeiz und Selbstekel, über vorgetäuschte Orgasmen und sein Muskeltraining, über väterliche Flüche und sein Mitfiebern bei der türkischen Nationalmannschaft.

„Hi Darling“ lautet die Begrüßung, und es gibt Küsschen auf die Wangen, so beginnen Interviews mit Großbritanniens erfolgreichstem Popstar (70 Mio. verkaufte Platten). Nach der Re-Union mit Take That will es Robbie Williams (38) noch mal solo wissen, sein neuntes Studiowerk trägt den programmatischen Titel „Take The Crown“, übernimm die Krone. Im Gespräch mit unserer Mitarbieterin Katja Schwemmers zeigt sich der frisch gebackene Vater optimistisch und lässt auch mal seine Muskeln spielen...

Mr. Williams, ich habe Sie diesen Sommer ein wenig vermisst, wo ich Sie doch im letzten Jahr gleich mehrmals erleben durfte.

Robbie Williams: Bei den Konzerten von Take That? Das ist nett. Hat es Ihnen gefallen?

Ja. Besonders Ihre Pirouetten zum Klassiker „Pray“!

Williams: Oh ja, unsere Pirouetten kamen immer sehr gut an. Haben Sie Bier getrunken?

Nein, warum fragen Sie?

Williams: Weil Take That an Orten wie Manchester die Bier-Rekorde im Stadion gebrochen haben. Bei uns wurde mehr Bier getrunken als beim Fußball! Und da sagt man immer, unsere Konzerte wären nur was für Frauen!

Was hat die Take-That-Tour bei Ihnen bewirkt, als Mensch und als Künstler?

Williams: Ich hatte das Gefühl, dass ich eine Weile etwas machen müsste, dass nichts mit meiner Solokarriere zu tun hatte. Denn ich war extrem gelangweilt, lethargisch und in Bezug auf meine Karriere absolut apathisch. Ich musste meine Bühnenangst überwinden, konnte Selbstbewusstsein tanken und habe mein Mojo wiedergefunden.

Und nun wollen Sie sich die Krone des Pop zurückholen?

Williams: Deshalb heißt mein Album „Take The Crown“, ja. Ich will Riesenhits. Ich will Euphorie im Stadion. Und dieses Album hat das Zeug dazu, das alles für mich zu tun.

Immer auf der Suche nach dem neuen "Angel" 

Sie sagten einmal, Ihre Ambition sei bei jeder Platte, ein zweites „Angels“ zu schreiben. Haben Sie das denn diesmal geschafft?

Williams: Nein. Nein, leider nicht. Und das ist wirklich schade. „Angels“ hat mir meine Karriere geebnet. Aber das Lied ist auch immer eine Motivation für mich, weiter zu machen.

Im neuen Song „Not Like The Others“ schlüpfen Sie mit einer Frau unter die Bettdecke. Ganz offensichtlich handelt das Lied...

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Williams: ...von Sex! Mal wieder. Ich habe früher schon Songs darüber geschrieben. Aber diesmal geht es darum, diese eine besondere, schmutzige Person für sich gefunden zu haben, mit der du eine sexuelle Erfahrung machst, die nicht vergleichbar ist mit irgendeiner anderen. Mehr Details wollen Sie nicht wissen, glauben Sie mir!

„She doesn’t fake for no one“ – singen Sie in dem Song. Irgendwelche Erfahrungen mit vorgetäuschten Orgasmen?

Williams: Nein, ich musste noch nie einen Orgasmus vortäuschen!

Ich dachte dabei auch eher an die Frauen...

Williams: Hm. Ich vermute, so etwas ist bei mir tatsächlich vorgekommen. Viele Frauen sind sehr gute Schauspielerinnen.

Meinen Sie damit Ihre eigene Frau, die ja tatsächlich Schauspielerin ist?

Williams: Jetzt bringen Sie mich aber in die Zwickmühle!

Okay, dann lassen Sie uns über Ihre neue Rolle als Vater sprechen. Sie sind bekannt für Ihre Flucherei. Haben Sie das zum Wohle Ihres Kindes abgestellt?

Williams: Nein, Mr. Robbie „Fucking“ Williams flucht immer noch – schrecklich viel. Und ich werde damit nicht aufhören. Ich bin die ersten drei Lebensjahre in einem englischen Pub aufgewachsen. Schimpfwörter zu benutzen gehört für mich zum Leben wie atmen und gehen! Ich bin mir sicher, meine Tochter wird das verstehen.

Der alte Selbstekel - den fühlt er nicht mehr 

Ihre Frau Ayda hat türkische Wurzeln. Wird das irgendeine Rolle bei der Erziehung spielen?

Williams: Eigentlich ist Ayda Amerikanerin, auch wenn ihr Vater Türke ist. Aber sehr spannend finde ich, dass das Baby nun jüdisch, muslimisch und katholisch ist. Eigentlich ist sie natürlich nichts von alledem. Aber diese drei Religionen sind zumindest in ihrer DNA.

Was bedeutet Ihnen Religion?

Williams: Heutzutage? Nichts mehr. Aber ich finde diese Mischung jüdisch-muslimisch-katholisch faszinierend. Mir gefällt dieser Ursprung. Es klingt, als würde sie eine interessante Person werden.

Robbie Williams beim Videodreh
Robbie Williams beim Videodreh © Alex Moss

Haben Sie türkische Traditionen für sich angenommen?

Williams: Nein, wir waren auch noch nie in Istanbul, wo Aydas Vater lebt. Aber als bei Olympia die türkischen Athleten ins Stadion einliefen, war ich automatisch parteiisch. Und wenn ein Fußballspiel mit türkischen Spielern läuft, bin ich auf ihrer Seite. Wenn die Türkei gewinnt, gewinne ich!

Was mag Robbie Williams heute an sich?

Williams: Hm, schwierig. Ich würde sagen, da ist nicht mehr dieser tiefe Selbstekel, den ich einst für mich hatte. Aber was mag ich an mir selbst? Ich weiß es nicht. Ich habe da eine konstante Neurose. Eigentlich denke ich, dass ich ein guter Typ bin. Das denke ich schon seit meinen Zwanzigern. Aber bin ich ein guter Typ? Oder bin ich doch ein Psychopath? Verdammt, ich bin eventuell ein Psychopath! Dann habe ich mir wohl die ganze Zeit selbst was vorgemacht.

So denken Sie über sich?

Williams: Das ist, was seit kurzem in mir vorgeht. Es könnte sein, dass ich ein verdammter, egoistischer, narzisstischer Alptraum bin. Vielleicht ist das hier alles Bullshit und meine Selbstwahrnehmung völlig falsch. Denn Menschen haben tote Winkel beim Blick auf sich selbst. Was ist mein toter Winkel? Ja, vielleicht bin ich echt ein Arschloch.

Fühlen Sie sich sexy auf der Bühne?

Williams: Nein, ich gebe lediglich vor, mich sexy und großartig zu fühlen. Wirklich!

Aber Sie sehen derzeit doch fit und muskulös aus!

Williams: Hier, fassen Sie mal meine Oberarme an! Besonders den Muskel hier hinten, der war harte Arbeit.

Ou, danach fühlt er sich auch an!

Williams: Ich kann nicht auf die Bühne gehen, wenn ich an Gewicht zulegt habe. Es lässt mich einfach nicht gut fühlen. Doch wenn ich nicht arbeiten würde, säße ich vorm Fernseher, würde Kuchen und meine Lieblings-Chips von Kettle futtern und in die Breite wachsen. Insofern ist dieses Album für mich auch noch das beste Gewichtsreduktionsprogramm.