Wuppertal. . Peter Paul Rubens, der Malerfürst des Barock, war auch ein glänzender Geschäftsmann, vor allem aber auch ein bedeutender Diplomat im vom Krieg gebeutelten Europa. Das Von der Heydt-Museum in Wuppertal präsentiert ihn in einer üppigen Ausstellung.

Nach Größen wie Renoir, Monet, Bonnard und Sisley präsentiert das Wuppertaler Von der Heydt-Museum ab heute einen Giganten: Peter Paul Rubens. Die Ausstellung ist ein Bilder- und ein Bildungsfest zugleich. Ihre These: „Wäre Rubens nicht als der wichtigste Künstler seiner Epoche in die Kunstgeschichte eingegangen, würde er heute als einer der angesehensten Diplomaten des 17. Jahrhunderts gefeiert.“

Von wegen immer nur dralle Damen und putzige Putten! Rubens, 1577 als Sohn aus Antwerpen vertriebener Flamen in Siegen geboren und evangelisch getauft, kurz darauf in Köln katholisch gemacht und 1640 in Antwerpen gestorben, hat ein gewaltiges Werk mit stilbildenden Porträts, Landschaften, Genrebildern und religiös-mythologische Werken geschaffen; der Mann, der zum Barockmaler schlechthin werden sollte, nahm künstlerisch Maß an Tizian, Veronese, Raffael und Michelangelo, die er in Italien studierte; er beherrschte mindestens fünf Sprachen und machte sich mit stupender Bildung, mit Charme, Humor und Verhandlungsgeschick Könige und Feldherren gewogen. Extrem geschäftstüchtig war er, dazu steinreich, sah auch noch gut aus und wusste das, wie das Selbstporträt im ersten Raum der glänzend eingerichteten Acht-Stationen-Ausstellung vor Augen führt.

Rubens als Diplomat

Dieser Mann, der Vertreibung und konfessionelles Elend selbst erlebt hatte, war von einer Mission durchdrungen: Er wollte das vom 80-jährigen spanisch-niederländischen und vom 30-jährigen Krieg zerfetzte Europa in Frieden einen. Für dieses Ziel setzte Rubens alle seine Talente ein: als Künstler, um dessen Werke sich die Reiche und die Reichen rissen und die er, katholisch oder evangelisch, Franzosen oder Spanier, zumindest im Betrachten seiner Kunst vereinte. Dazu wirkte er 15 Jahre lang als kreuz und quer durch Europa reisender Diplomat, oft genug die politischen Chancen auslotend, während ihm die Herrscher Modell saßen. 1629 handelte er, Superstar der Kunst und Geheimer Rat Philipp des IV. , mit dem englischen König Karl I. den Friedensvertrag zwischen England und Spanien aus. Sein politisches Meisterstück trug ihm den Ritterschlag ein.

Sir Peter Paul bedankte sich mit einem künstlerischen Meisterstück: mit dem während seiner Mission entstandenen allegorischen Gemälde „Krieg und Frieden“. In Wuppertal sehen wir (leider nur in einer Kopie, weil die National Gallery in London sich, anders als andere Welt-Museen, zierte) eine Utopie: wie die weise Minerva den bedrohten Pax resolut vor dem Kriegsgott Mars beschützt, ein seliger Säugling gestillt wird, ein Leopard nach süßen Trauben giert und das Füllhorn einer halbnackten Schönen andeutet, dass auch dieser Frieden nicht nur seinen Lohn hatte, sondern auch seinen Preis.

Action und Anspielungen

Gebildete Zeitgenossen haben die Vieldeutigkeiten und versteckten Anspielungen gewiss entschlüsseln können. Dem Besucher von heute seien Geduld und der ausgezeichnete Katalog empfohlen. Der schließt Lücken in europäischer Geschichte und hilft sehen. Aber auch, wer sich diesen Mühen nicht unterziehen mag, wird in der mit 50 Ölgemälden üppig bestückten Ausstellung reich belohnt: durch die actionreichen Schlachtengemälde und die bewegenden Jagdbilder, darunter die hochdramatische „Wildschweinjagd“, mit Werken aus dem Medici-Zyklus und der famosen Decius-Serie, mit wuchtigen Allegorien in sattem Öl und exquisiten Filigran-Zeichnungen.

Besonders beeindrucken können indes die brillanten Gemälde-Skizzen, die der Europameister aus NRW unglaublich schnell, mit wenig Farbe und viel Öl auf Holzflächen gezaubert hat. Die sind nämlich, anders als die meisten Großgemälde, zu denen er „nur“ den Entwurf sowie die Hände und Gesichter beisteuerte, 100 Prozent Rubens. Die Großgemälde wurden in der Regel von den 100 handverlesenen Gehilfen in seiner Bilder-Manufaktur zu Antwerpen ins Wunschformat gebracht und fertiggestellt – Malen nach Zahlen auf Weltniveau.

Die malerische Dynamik und Könnerschaft, die etwa das vor nahezu 400 Jahren fast farblos aufgetragene „katholische Austria, von seinen Feinden attackiert“ offenbart, muss schieres Staunen auslösen. Auch die Skizze der „zwei Gefangenen“ scheint in ihrem unverkleideten Realismus schier aus der Kunstgeschichte zu fallen. Und manchmal reicht auch einziger Blick ins Auge eines Kriegers, eines Heiligen, eines Königs oder sterbenden Ebers: Darin spiegeln sich ein Virtuosentum und eine Lebendigkeit, die einen Namen hat: Rubens.