Antwerpen. . In Antwerpen hat das neue „Museum Aan de Stroom“ eröffnet. Mit dem Prachtbau will sich die Hafen-Stadt in Belgien mit internationalen Ausstellungstempeln wie dem Guggenheim in Bilbao, Getty in Los Angeles oder der Modern Tate in London.

Auf den ersten Blick könnte man glauben, es handle sich um gestapelte Container – zumal das Gebilde in Antwerpen steht, am Rande eines der geschäftigsten Häfen der Welt. Doch der rote Riese aus indischem Sandstein und gewölbtem Glas birgt keine verschiffbare Fracht, sondern mehrere hundert Jahre Kunstgeschichte. Es ist das „Museum Aan de Stroom“, kurz MAS, diese Woche in Gegenwart des Königspaares und des Brüsseler EU-Kommissionschefs Barroso feierlich eröffnet.

Mit dem Gebäude will Antwerpen in die erste Liga musealer Rennomierbauten aufsteigen und Ausstellungstempeln wie dem Guggenheim in Bilbao, Getty in Los Angeles oder der Modern Tate in London Konkurrenz machen. In bequemer Nähe zur deutschen Grenze übrigens: Per Auto ist das MAS aus dem Ruhrgebiet innerhalb von zwei Stunden zu erreichen, mit dem Zug dauert es knapp vier Stunden.

Auf stolzen sechzig Metern erhebt sich der Bau über dem Antwerpener Hafen, nur fünfzehn Minuten Fußweg von der Innenstadt entfernt. Seine neun Stockwerke türmen sich auf zu einem verdrehten, gigantischen Boxen-Stapel, eine Arbeit des niederländischen Architekten-Büros Riedijk Architects. Durch die großzügigen Glasflächen schweift der Blick über das Hafenareal. Der Panorama-Blick aus dem sechsten Stock soll eine der Attraktionen des Museums werden, hofft dessen Direktor Carl Depauw, und eine Verbindung schaffen zwischen Ausstellungsfläche und „wirklicher Welt“.

Sonderausstellung bis Ende 2011

Auch im Inneren gibt es genug zu sehen: Das MAS vereint Sammlungen aus fünf Antwerpener Museen, darunter das Ethnografische Museum, das Völkerkundemuseum und das Nationale Schifffahrtsmuseum. Im neuen Bau am Hafen gruppieren Depauw und seine Mitarbeiter die Stücke in der Premieren-Ausstellung unter den vier Schlagwörtern „Machtdemonstration“, „Weltstadt“, „Welthafen“ und „Leben und Tod“. Unglaubliche 180.000 der insgesamt 470.000 Stücke im Besitz des MAS werden präsentiert, sagen die Verantwortlichen. In einem Rotationsverfahren werden immer andere Teile des Bestands zu sehen sein.

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Bis Ende des Jahres läuft zudem die Sonderausstellung „Meisterwerke im MAS. Fünf Jahrhunderte Bild in Antwerpen“. Der Besucher findet hier berühmte Maler vormoderner Zeit wie Jan van Eyck oder Peter Paul Rubens.

Das zwanzigste Jahrhundert ist etwa durch James Ensor vertreten, die Brücke zur Gegenwart schlagen Andriaen Collaert oder Luc Tuymans. Die Auswahl soll Museumsdirektor Depauw zufolge die Geschichte der Stadt widerspiegeln, seit dem 15. Jahrhundert ein Knotenpunkt für Händler, Künstler und Reisende.

Prachtbau in einer schäbigen Umgebung

Diese Tradition soll das neue Wahrzeichen neu beleben. Die Stadtverwaltung entschied bewusst, den insgesamt 60 Millionen teuren Bau in einer der schäbigeren Ecken des Hafengeländes hochzuzuiehen. Über Jahrzehnte war das Areal immer mehr verkommen. Die Umkehr scheint zu gelingen: Antwerpener Museums-Besucher berichten von einem veritablen Boom. Aus der einstigen Rumpelecke sei ein lebendiger Teil der Stadt geworden.

Aus Sicht der Stadtoberen stellen die Kosten daher eine lohnende Investition in die Zukunft dar. Das MAS soll zum Symbol Antwerpens werden. Zumindest einen Teil der Kosten soll der Betrieb selbst decken, mit den Erlösen aus Eintrittskarten, Cafeteria und dem Restaurant auf der obersten Ebene. Herr über die Töpfe und Pfannen im MAS ist übrigens der prominente flämische Koch und Michelin-Stern-Besitzer Viki Geunes. Aber das wäre eine Geschichte für sich.