Essen. . Literaturagenten sind heute die Vermittler zwischen Autor und Verlag – und aus dem Literaturbetrieb genausowenig wegzudenken wie aus dem Buchmarkt. Ein Gespräch mit Uwe Heldt, der diesen Beruf seit 12 Jahren ausübt und weiß, was viele Nachwuchsautoren am Anfang falsch machen.

Der Wandel des Buchmarktes hat ein neues Berufsbild geschaffen: Der Literaturagent ist heute Mittler zwischen Autor und Verlag. Uwe Heldt, Agent in Berlin, gibt im Gespräch mit Britta Heidemann einen Einblick in seine Arbeit.

Was macht ein Literaturagent?

Uwe Heldt: Ein Agent berät den Autor und vertritt seine Interessen gegenüber den Verlagen und dem gesamten Literaturbetrieb. Er übernimmt etliche Aufgaben, die früher der Lektor hatte. Die Lektoren sind heute sehr stark mit Marketing und strategischen Überlegungen befasst sind: Wie bringe ich ein Buch in die Medien, ins Gespräch, wie bereite ich das auf? So fällt Zeit weg, die früher für die Auseinandersetzung und das Gespräch mit den Autoren vorgesehen war. In diese Bresche sind die Agenten gesprungen.

Wann ist das passiert?

Heldt: Agenten für deutschsprachige Literatur gibt es seit Mitte der Neunziger Jahre. Das war auch die Zeit, in der die großen Verlagskonzentrationen und der Niedergang des klassischen patriarchalischen Verleger-Verlags begannen.

Welche Rollen spielen Agenten im großen Ganzen?

Heldt: Ich höre von etlichen Lektoren immer wieder, dass sie froh sind, uns zu haben: Ihr seid der Vor-Filter. Ich sage das auch den jungen Autoren immer wieder, wenn ich Seminare gebe: Es macht kaum Sinn, Manuskripte direkt an die Verlage zu schicken, jedenfalls nicht an die großen. Die schauen nicht mehr an, was ihnen unten ins Postfach gestapelt wird. Es gibt da inzwischen eine gewisse Arbeitsteilung.

Sie selbst haben vor gut 30 Jahren als Lektor angefangen?

Heldt: Ja, erst war ich ab 1979 bei Klett-Cotta, danach zwölf Jahre lang bei Piper und später bei Ullstein. Ich habe diesen Prozess also miterlebt. Ich habe noch die Situation gehabt, wo man sich als Lektor mit einem Autor zwei Wochen lang in die Einsamkeit zurückgezogen und an einem Roman gearbeitet hat. Es war Hauptaufgabe des Lektors, dass der Autor einen Gesprächspartner, ein Gegenüber hatte, mit dem er sich über seinen Text auseinandersetzen konnte.

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Können Sie es sich als Agent denn heute leisten, sich zwei Wochen mit einem Autor zurückzuziehen?

Heldt: Ich habe auch nicht die Zeit, Wort für Wort durchzugehen und anzustreichen. Aber wenn ich ein Buch vertrete, dann rede ich mit dem Autor über strukturelle Fragen. Gibt es genug Tempo am Anfang? Ist es logisch, dass sich das so oder so entwickelt? Ist die Figur deutlich genug gezeichnet, sollte irgendein Motiv stärker zum Tragen kommen? Also das, was in den größeren Bögen des Textes wichtig ist.

Der Literaturagent gibt Nachwuchsautoren Tipps 

Was muss denn ein Manuskript haben, damit Sie es nehmen?

Heldt: Die dumme Antwort ist: Es muss entweder gut oder gut verkäuflich sein. Es ist leider so, dass das nicht allzu oft zusammenfällt.

Sie haben bereits vor 30 Jahren als Lektor unverlangte Manuskripte bekommen, heute als Agent – hat die Zeit qualitative Unterschiede mit sich gebracht?

Heldt: Es gibt da ein gewisses biologisches Ausleseverfahren, vor 30 Jahren bekam man noch mehrheitlich die Stalingrad-Erinnerungen von irgendwelchen Studienräten in Pension. Ansonsten aber hat sich die Zusammensetzung dessen, was einem so unverlangt auf den Tisch geschickt wird, kaum verändert. Von hundert angebotenen Manuskripten kann man vielleicht, naja, zwei bis fünf ernst nehmen. Es schreiben wirklich unglaublich viele Leute, natürlich mit den unterschiedlichsten Motiven. Die einen vielleicht im selbsttherapeutischen Prozess. Andere aber schreiben durchaus gleich im ersten Satz ihres Briefes : Das ist ein Bestseller, und ich will damit reich werden.

Das klingt aber schon ein bisschen verrückt.

Heldt: Ja, JK Rowling hat das noch mal befördert: Die einsame Hausfrau, die in den Nachtstunden ihre Romane schreibt und zur reichsten Frau Englands wird, das ist schon der Traum vieler.

Wie würden Sie die Mischung dessen bezeichnen, die Sie betreuen, wenn man das mal in U wie Unterhaltung und E wie ernsthafte Literatur aufteilt?

Heldt: Das ist natürlich in gewisser Weise zufällig, was mir gerade so ins Netz gegangen ist. Ich muss aber schon seit einigen Jahren darauf achten, dass ich genügend U habe. Weil die ernsthaften Sachen nicht einfach sind. Mit bestimmten Büchern läuft man wirklich von Pontius zu Pilatus und bietet sie an wie Sauerbier. Und alle sagen, das ist ja ganz gut und ganz schön, aber davon verkaufen wir keine zweitausend Stück. Mir macht es aber auch Spaß, einen guten Krimi oder einen heiteren Unterhaltungsroman zu vertreten.

Als Tipp für Nachwuchsautoren: Wie findet man einen guten Agenten?

Heldt: Über die Homepages kriegt man raus, wen die Agenturen vertreten. Dann kann man überlegen, passe ich dazu, würde ich mich da an der richtigen Stelle fühlen? Aber es gibt natürlich auch schwarze Schafe. Ein anständiger Agent verlangt keinen Vorschuss für Gutachten oder Lektorate, er kriegt erst Geld, wenn auch der Autor sein Geld kriegt. Und wenn der Autor nichts verdient, verdient auch der Agent nichts.

Wie hart ist das Geschäft – schnappen sich die Agenturen untereinander die Autoren weg?

Heldt: Nein, wir kennen uns ja untereinander und sind größtenteils ganz gut miteinander befreundet. Da gibt es so eine Art Kodex. Und wenn dann mal der Fall eintritt, dass ein Autor sagt, ich will nicht mehr bei dir, ich will bei dem – dann kann man das ziemlich offen untereinander regeln.