Duisburg. Lange Zeit hat sich die Kulturbranche schwer getan mit den neuen Medien. Jetzt kommt Bewegung in die Häuser. Den Beweis lieferte die Kultur2.0-Konferenz "stART" in Duisburg. Auch wenn Twitter und Co. langsam salonfähig werden: Für die Branche ist es erst der Anfang eines schwierigen Weges.
Die Internetaktivitäten der meisten deutschsprachigen Museen, Bühnen und Kunsthäuser wirken nicht nur optisch wie aus grauen Vorzeiten. Jahrelang hat die Branche den Schritt ins Mitmach-Web verschlafen. Twitter, Blogs, YouTube galten lange als nutzlose Spielerein. Doch die Branche ist aufgewacht.
Weltweites Netzwerk
"Wir sind froh, wenn sich ein 14-Jähriger die Infos für ein Schulreferat bei uns holt", sagt Daniela Bamberger, zuständig für die Web-Inhalte des Frankfurter Städel-Museums. Mit ihrer Hilfe twittert und bloggt das Museum. Auch auf Facebook und Schüler-VZ gibt es Neuigkeiten und Hintergrundinfos rund um das "Städel". Nicht nur der Bildungsauftrag findet im Web Platz: "Wir können mit Interessierten in den Dialog treten", sagt Bamberger. Auf diese Weise spinnt das Museum ein Netzwerk weit über die Landesgrenzen hinaus. Bis in die USA reichen mittlerweile die Netz-Kontakte.
Alternatives Kulturmarketing
Eine ähnliche Erfolgsgeschichte erhofft sich Isa Kathtin Edelhoff von den Bühnen Halle. Die Aktivitäten im sozialen Netz stünden zwar noch am Anfang, doch sollen demnächst alle relevanten Netzwerke einbezogen werden. "Diese Art des Kulturmarketings ist günstiger, als ständig tausende Flugblätter drucken und verteilen zu lassen", erklärt Edelhoff. Einen vollwertigen Ersatz stelle der neue Weg aber nicht dar.
Galerie-Flashmob
Eine Aussage, die der Münchner Galerist und Werbefachmann Jörg Blumtritt unterstreichen würde. In seiner "Galerie Royale" setzt er zunehmend auf virale Kampagnen. "Bildende Kunst muss über das Internet erlebbar gemacht werden." So rief er über Twitter zu einem Ausstellungs-Flashmob vor der Galerie auf. Mehrere hundert Kreative aus der Münchner Kulturszene fanden sich mit ihren Werken ein. Und konnten diese ohne Galerie-Gebühren ausstellen und verkaufen. Stundenlanges Anstehen war die Konsequenz, mit Erfolg: Ein Großteil der Kunstwerke wechselte am selben Tag noch den Besitzer.
Kleine Schritte in Oberhausen
Bei all diesen Aktionen kann Matthias Michalek nur schmunzeln. Der Kirchenmusiker betreibt mit seiner Frau den philosophisch-musischen Garten "Kepia" in Oberhausen. Entspannen, den Alltag draußen lassen und sich selbst besser kennenlernen, stehen dort auf dem Programm. Insofern tastet sich Michalek behutsam an die Möglichkeiten des Internets heran. "Wir wollen kleine Schritte machen", sagt er. Den Anfang soll ein Blog machen. Was dann kommt, sei völlig offen.
Eigene Wege
Die Branche ist also aufgewacht. "Viele haben hier die ersten Schritte gemacht", zieht Konferenz-Initiator Frank Tentler ein positives Fazit. Mit 500 Teilnehmern sei die Konferenz ausgebucht gewesen. In etlichen Workshops berichteten Kulturmacher von Erfolgen und auch Fehlschlägen. Etwas sei allen klar geworden, sagt Tentler: "Den Königsweg gibt es nicht." Jeder müsse seinen eigenen Weg ins Web 2.0 finden. Dazu sei nicht nur der Wille nötig, sondern auch die Erkenntnis, dass es Erfolge nicht umsonst gibt. Netzwerken brauche Zeit und die notwendigen personellen Ressourcen.
Ruhr2010 Fehlanzeige
Keinen Weg zur stART-Konferenz fand ausgerechnet Ruhr2010. "Leider gab es trotz mehrfacher Anfragen keine Resonanz", kritisiert Frank Tentler die Organisatoren des Kulturhauptstadtjahres. "Es scheint so, als wenn die Ruhr2010 ganz bewusst ihr eigenes Süppchen kochen will." Tentler gibt aber nicht auf: "Wir würden uns weiterhin über ein Gespräch freuen." Schließlich ginge es 2010 um die Kultur im Ganzen und nicht nur um ausgewählte Projekte.
2010 nächste stART
Die stART-Konferenz wird 2010 wieder kommen. Dieses Versprechen gab Frank Tentler bereits vor Ende der Veranstaltung. Mit Rückendeckung von Duisburgs Kulturdezernent Karl Janssen. "Die StART ist ein kultureller Leuchtturm für Duisburg." Und dieser solle 2010 noch heller scheinen als 2009.