Oberhausen. . Die klassische Kulturklientel stirbt aus. Das Stammpublikum der Theater wird immer älter, die Jugend kommt nicht nach. Wollen die Häuser zukunftsfähig bleiben, müssen sie reagieren, etwa durch innovative Programme. In Oberhausen diskutierten Experten über Wege aus der Krise.

Der demografische Wandel trifft zunehmend auch die Theaterlandschaft in NRW. Beim potentiellen Publikum als zu elitär und konservativ verpönt, leiden die Häuser der Region seit Jahren unter zu geringer Auslastung. Das Stammpublikum wird immer älter, die Jugend kommt nicht nach, die Multi-Kulti-Generation fühlt sich zu wenig repräsentiert. Das Problem ist nicht neu, soll aber neu angegangen werden. Über innovative Wege aus der Krise diskutierten Kulturschaffende im Rahmen des NRW-Theatertreffens in Oberhausen.

Laien sollen partizipieren

Das Patentrezept für vollere Häuser und ein diverseres Publikum haben sie nicht gefunden. Aber: Wichtigster Knackpunkt sei die Programmpolitik, sagt Birgit Mandel, Professorin am Institut für Kulturpolitik der Uni Hildesheim. Das Programm müsse vielfältiger werden, sich mehr mit der Thematik Migration und demografischer Wandel auseinandersetzen und die Menschen partizipieren lassen, etwa durch Projekte mit Laien-Darstellern. Konzentrieren müsse man sich besonders auf zwei Zielgruppen: Kinder und Jugendliche sowie Menschen mit Migrationshintergrund.

Mandel stützt ihre Aussagen auf Erfahrungen von Theatermachern in der Region, die mit gezielten Aktionen in den vergangenen Wochen und Monaten ein breiteres Publikum ansprechen wollten. Das Schauspiel Dortmund etwa entwickelte ein interaktives Stadtspiel, das Junge Schauspielhaus Düsseldorf organisierte die Begegnung von Kindern und Jugendlichen mit jungen Künstlern. In Oberhausen setzte man mit der Inszenierung „Die Kleine Hexe“ auf interaktive Sprachförderung.

Stammpublikum nicht vergrätzen

Insgesamt sieben Häuser haben Aktionen beigesteuert, im Rahmen eines Landes-Förderprojektes, das Ende 2011 gestartet hat. Ziel des Programms sei die interkulturelle Öffnung klassischer Einrichtungen, so Ulla Harting, Leiterin des Referats interkulturelle Kunst und Kultur. Am Ende des Projektes sollen die Häuser Instrumente in die Hand bekommen, mit deren Hilfe sie weitere Aktionen entwickeln und innovative Programme planen können, ohne aber das Stammpublikum zu vergrätzen. Das sei die große Kunst, sagt Harting.

Ein Instrument sind die sogenannten „Sinus-Milieus“, die der Essener Projektentwickler Klaus Gerhards gestern vorstellte. Das Zielgruppen-Instrument soll Infos etwa zu Kulturnutzung und Bildungshintergrund bestimmter Gruppen liefern. Die Ergebnisse der Untersuchungen gibt’s frei Haus, aktiv werden müssen dann die Theater selbst. Mit aktuellen Stücken etwa oder Außen-Projekten in belebten Stadtteilen oder Schulen. „Das kommt gut bei den Bürgern an“, sagt Birgit Mandel.