Bonn. . Eine Überdosis Weiblichkeit: Zum 30. Todestag von Romy Schneider zeigt die Bundeskunsthalle eine große, Charme und Charisma sprühende Fotoschau. Am eindrucksvollsten sind dabei die Bilder vom Rande der Dreharbeiten, das Gesicht - strahlend im einen Augenblick, tränenüberströmt im nächsten.
Es gibt schöne Frauen. Es gibt Traumfrauen. Und es gibt Romy Schneider. Dass die Schauspielerin, deren Todestag sich am 29. Mai zum 30. Mal jährt, immer noch eine Liga für sich ist, so schön, so sinnlich, so sensibel wie keine andere, zeigt ab heute eine große, Charme und Charisma sprühende Ausstellung in der Bonner Bundeskunsthalle, die Romy Schneider völlig zu Recht in eine Reihe mit Marlene Dietrich und anderen Nationalheiligen stellt.
Ach, Sissi, werden die einen dabei seufzen, und den Lebkuchenduft schon in der Nase haben. Weil die Kaiserin für manche zu Weihnachten gehört wie Bienenwachs und Bratapfel. Die anderen werden eine Frau sehen, deren Schönheit sich wie ein Schleier über die makellosen Züge gelegt hat. Dahinter verbergen sich Angst, Unsicherheit und der Kampf um Anerkennung. Die öffentliche Romy aber, sie war ein Glücksfall für Fotografen, Filmleute und ihre vielen Fans. Verfolgt, verehrt und mit nur 43 Jahren zu Tode geliebt.
"Im Film bin ich alles, im Leben bin ich nichts"
„Im Film bin ich alles, im Leben bin ich nichts“, hat Romy Schneider einmal über sich selbst gesagt. Und so macht es durchaus Sinn, dass sich die Schau vor allem auf die Karriere konzentriert, denn die Grenzen zwischen Rolle und Realität waren fließend im Leben der Frau, die ohne Kamera nicht zu existieren schien.
Das beginnt schon als Kinderstar mit „Wenn der weiße Flieder wieder blüht“ oder „Die Deutschmeister“. So geht es in der Ausstellung vorbei an Hunderten von Fotografien, Plakaten, Filmstills und Kostümen, das Schürzenkleid fürs „Mädchen in Uniform“ ist dabei und ein Brokat-Traum aus frühen Sissi-Tagen. In rascher Folge wandert man von Zulawskis „Nachtblende“ zu Sautets „Cesar und Rosalie“, von Orson Welles’ Kafka-Verfilmung „Der „Prozess“ bis zum Ausflug ins Komödiantische neben Woody Allen in „Was gibt’s Neues, Pussy“.
Das Wunderbarste aber sind die Bilder vom Rande der Dreharbeiten, die Porträts, der Panoramablick auf eine Persönlichkeit, die mindestens zwei Gesichter hat. Romy-Rosemarie, das ist die Schöne und die Schwierige, die Zarte und die Furie, die Prinzessin und die Prostituierte. Und man kann sich bis heute nicht sattsehen an diesem strahlenden Gesicht, das sich im nächsten Moment tränenüberströmt aufzulösen scheint.
Wir sind die meist beschimpfen Frauen Deutschlands
Der Fotograf Robert Lebeck hat solche raren wahren Momente erlebt und die Ausstellung zeigt seine wunderbaren Bilder neben frühen Aufnahmen von Franz Xaver Lederle. 1981hat Lebeck Romy Schneider ein letztes Mal getroffen, im Sanatorium von Quiberon. Da hat sie gerade eine Niere verloren. Ihr Ex-Mann Harry Meyen hat sich mit einem Seidenschal erhängt. Und der gemeinsam Sohn David ist beim Versuch, über einen Gartenzaun zu klettern, ums Leben gekommen. Doch Romy Schneider lacht und weiß, dass jede Bild-Botschaft sitzen muss. So wie der „Stern“-Titel, für den sie sich nach den Dreharbeiten von „Swimmingpool“ Ende der 60er erstmals nackt fotografieren lässt. 1971 gehört sie dann zu den Frauen der legendären „Wir haben abgetrieben“-Aktion. Die Art und Weise, wie sich die Schauspielern vom Image der braven Maid emanzipiert, gefällt nicht allen Deutschen. „Wir sind die meistbeschimpften Frauen Deutschlands“, hat Romy Schneider einmal zu „Emma“-Herausgeberin Alice Schwarzer gesagt, die ihr später eine „Überdosis“ Weiblichkeit“ attestiert.
So viel Frau macht zumindest die Franzosen glücklich. Während die Deutschen mit dem Eigensinn ihrer abtrünnigen Kitsch-Königin hadern, avanciert sie in Frankreich zur gefeierten Charakterdarstellerin. Alain Delon, in den sie sich bei den Dreharbeiten zu „Christine“ verknallt, wird ihre lebenslange Liebe. Sie spielt an der Seite von Yves Montand und Michel Piccoli. Regisseur Claudet Sautet, mit dem sie fünf Filme dreht, lernt auch mal ihre klassenkämpferische Seite kennen. „Komme nicht zum Dinner, weder der Elektriker noch der Techniker sind eingeladen“, kritzelt sie auf einen der vielen ausgestellten Notizzettel, die zu den Entdeckungen der Schau gehören. Einer gilt Regisseur Fassbinder, mit dem sie in Verhandlung über die Rolle der „Maria Braun“ gewesen ist.
Zu viel Leid und zu viele Pillen
Doch das Deutsche wird ihr zunehmend fremd. Die Sprache zumindest, nicht die Themen. Sie will ans Theater, sucht die Herausforderung. Eine Frau, die bis zum Äußersten geht und der das Leben das Äußerste abverlangt. Am Ende aber scheitert sie nicht nur an der Überdosis Weiblichkeit, sondern an zu viel Leid, zu viel Unglück, zu vielen Pillen, mit denen sie einschläft, aufwacht, überlebt. Bis ihr Herz stillsteht. Sie soll, sagen Freunde, eine betörend schöne Tote gewesen sein.