Dortmund. . Ladies first! Tausende Frauen hatten die Berliner Band „Die Ärzte“ einen Abend lang für sich alleine. Zusammen feierten sie eine sanfte Form von Poppunk in der Dortmunder Westfalenhalle.
Streng genommen hätten sie ja gar nicht auftreten dürfen. Wo Männer doch einen Abend lang Hausverbot hatten. Aber dann hätten tausende Frauen in der Westfalenhalle einiges verpasst. Die Ärzte waren schon immer für ihre unkonventionellen Auftritte bekannt. Diese Konzerte in Dortmund werden trotzdem wegen ihrer besonderen Kuriosität in die Geschichte einer Band eingehen, die sich selbst als beste Band der Welt bezeichnet. Zwei Konzerte. Eins nur für Frauen, das andere für die Kerle.
Ladies first, zuerst die Damen. Eine Kulisse, die auf den ersten Blick ein Traum für die drei Jungs auf der Bühne sein muss. Keine verschwitzten Männer-Körper, keine bierseligen Pöbeleien, kein grölender Krawall in den ersten Reihen: „Für uns geht ein Lebenstraum in Erfüllung“, ruft Farin Urlaub vorhersehbar und man meint etwas Larmoyantes in seinem Gesicht, das auf einer Großbildleinwand gezeigt wird, zu erkennen.
Eine Eintrittskarte, übersät mit Blümchen
Dieses Mädchen-Ding fängt schon bei der Eintrittskarte an: Sie ist übersät mit Blümchen. Und die Kulisse ist wenig popunkig gestaltet, sondern plüschig, rosig und herzig. Die drei Herren schweben auf einer großen Schaukel sitzend scheinbar aus dem Himmel direkt auf die Bühne. Für das Konzert am Folgeabend kündigt Bela B. an: „Da werden wir auf drei Klos auf die Bühne kommen.“ Lustig, wie der ganze Abend.
Frauen feiern sanfter. Egal, wie rockig die Lieder sind. Sie tanzen wattebauschiger, bewegen sich runder, singen höher, kreischen mehr. Böse Zungen würden behaupten: Zickenalarm. Aber das stimmt nicht. Sie haben Spaß als Teil dieser übererfüllten Frauenquote. Die Liederauswahl ist natürlich aufs Publikum zugeschnitten. Und da fällt auf, dass die Berliner Band in ihrer fast 30-jährigen Geschichte etliche Songs fabriziert hat, die für diese Art der Geschlechtertrennung perfekt passen: „2000 Mädchen“, „Manchmal haben Frauen...“, „Wenn alle Männer Mädchen wären“ oder „Wilde Mädchen“. Dass sie auch ihren Klassiker „Elke“ spielen, ist mutig. Textzeile gefällig? „Sie sah aus wie ein Stück Mettwurst...“ Kommt aber an, Ärzte-Fans sind nicht empfindlich.
Die Mädels haben Zeit zu rocken
Eine Befürchtung, die Farin Urlaub angeblich vor dem Konzert gehegt hatte, bestätigt sich unterdessen nicht: Nein, die Mädels sind heute nicht zu sehr mit ihren Fingernägeln beschäftigt. Sie haben Zeit zu rocken! Und sie genießen die Vorteile eines männerfreien Abends: Beim Pogo einmal nicht in Lebensgefahr zu geraten, weil tonnenschwere Jungs unkontrolliert herumspringen, und die freie Sicht auf die Bühne ohne tapsige Bärentypen vor der Nase.
Man muss den Ärzten zugute halten, dass sie trotz der Verlockung an ihrem Prinzip festhalten und sich „Männer sind Schweine“ weiterhin verkneifen. Es ist ein Lied, das inzwischen nur noch zum Ballermann passt. Die Nummer ist einfach durch.
Neben den drei Herren auf der Bühne gibt es übrigens noch einen weiteren Mann im Rund. Es ist der Bierverkäufer, der durch die Reihen zieht – und er ist heute kein gefragter Typ. Er hätte lieber Prosecco verkaufen sollen.