Baku. .

Der überraschende Triumph von Aserbaidschan im Eurovision Song Contest lenkt den Blick auf Baku, eine Stadt am Rand des europäischen Kontinents. Doch was ist das für eine Gemeinde, wie sieht es dort aus?

Wer nach Baku reist, kann vier verschiedene Metropolen entdecken. Zunächst eine muslimische Medina. Um diese spannt sich eine frisch renovierte Stadtmauer, Jahrhunderte alt. Von dieser geschützt entdeckt man malerische Moscheen. Dazwischen orientalische Paläste längst vergangener Fürsten mit ihren leichten Holzbalkonen. Ein Weltkulturerbe mit Blick auf die See.

Nur wenige Meter weiter erheben sich stolz die Jugendstilvillen des weltweit ersten Ölbooms. Die Barone Rothschild und die Gebrüder Nobel haben hier nach 1880 ihre Häuser als Zeichen einer neuen Zeit errichtet. In Baku wurden damals fast 90 Prozent des weltweit produzierten Öls gefördert. Die weiten Boulevards dieser Stadt glänzen wie in Paris oder Nizza. Junge Menschen, Frauen und Männer, sitzen in Straßencafés. Aus Boxen plätschert Popmusik. Nichts erinnert hier an ein islamisch geprägtes Land an der Grenze zum Iran.

Die Stadt des neuen Ölbooms

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Noch einige Meter weiter die ewig gleichmachenden Plattenbauten der Kommunisten, wie sie überall zwischen Ostberlin und Wladiwostok zu finden sind. Die KPdSU hatte Baku in der Sowjetzeit beherrscht und in die Armut getrieben.

Doch es ist die vierte Stadt, die den Westen nun lockt. Die Stadt des neuen Ölbooms. Nach dem Untergang der Sowjetunion stieg Aserbaidschan zum sechstgrößten Öllieferanten Europas auf. Glastürme streben in den Himmel und in weiß getünchten Einkaufszentren an Hafenpromenaden werden die Marken Hermes und Prada verkauft. Das sind die Paläste aus Petrodollars, die auch in Abu Dhabi oder Riad stehen könnten.

Baku - eine Stadt im Wandel

Rauf Tolashinskij hat eingeladen, in ein Hinterzimmer in einer Seitengasse der Gründerzeitstadt. Es gibt gegrillten Stör auf Blattpetersilie. Rauf Tolashinskij ist Herausgeber der Zeitung Echo. Er beobachtet sein Land im Wandel, wie die Iraner auf Wochenendtrips in die Stadt kommen, um ungehindert von der Scharia Schnaps zu trinken. Er beobachtet, wie die Europäer, Amerikaner und Russen versuchen, ihre Hände auf den Ölreichtum des Landes zu legen. Und wie die beginnende Opposition nach mehr Demokratie drängt. „Unser Land ist vor einer schwierigen Situation“, sagt Tolashinskij. „Umgeben von starken Nachbarn ist nicht klar, ob Baku zum Westen gehört oder zum Orient.“

Seit dem Untergang der Sowjetunion herrscht die Familie von Haidar Alijew, dem KGB-Zögling, der Aserbaidschan feudal neu aufstellte. Erst 2003 übergab er seine Präsidentenmacht an seinen Sohn Ilham. Opposition wird nicht geduldet. Wer aber schweigt, kann Geld verdienen. Die Macht der Alijews garantiert den Luxus von Baku. Hier liebt man die Musik Europas. Allein draußen im Land ist Aserbaidschan noch arm, und vor allem dort suchen islamistische Prediger unter den Verlierern des neuen Ölbooms nach Anhängern.