Düsseldorf. .

Eine Woche vor dem Finale des Eurovision Song Contests klappt die erste Probe von Lena Meyer-Landrut ganz gut. Und die 19-Jährige erklärt, dass sie auf keinen Fall nochmal beim ESC antreten wird.

Kurz vor 18 Uhr ist es am ersten Probentag der Titelverteidigerin, da betritt Lena den Presseraum des Eurovison Song Contests. Zu groß ist der gestreifte Pulli, an den Füßen fehlen die Schuhe. Und plötzlich ist es, als hätte jemand die Uhr zurück gedreht. Denn da ist sie wieder, die „Lovely Lena“ mit dem süßen Lächeln, die die Herzen der Deutschen vor zwölf Monaten im Sturm eroberte. Weil sie so natürlich wirkt und unbekümmert. Wie das Mädchen von nebenan, das man gerne zum Kumpel hätte. Oder zur Freundin.

Vergessen ist in diesem Augenblick die ganze Kritik der letzten Monate, abgehakt die Tour, auf der es in den Hallen so viele freie Plätze gab. Jetzt geht er für viele erst richtig los, der Song Contest in Deutschland. Denn jetzt ist sie da, die Überraschungssiegerin vom letzten Jahr. Doch Druck scheint Lena nicht zu spüren. Aber Hunger. Großen Hunger. „Ihr doch bestimmt auch“, fragt sie die Hundertschaft wartender Journalisten und verteilt erst einmal mehrere Bleche Apfelkuchen. „Habe ich letzte Nacht selbst gebacken“, scherzt sie.

Gut eine Stunde zuvor hat sie erstmals auf der Bühne der Esprit-Arena gestanden. Hoch die Hacken, tief der Ausschnitt des schwarzen Hosenanzugs, im Haar steckt eine Schleife. Wie beim Vorentscheid beginnen fünf Tänzerinnen in silbernen Ganzkörperanzügen hinter und neben Lena unter einer Pyramide aus weißen Lichtkegeln zu tanzen. Nur dass das hier auf dieser gigantischen Bühne alles ein paar Nummern größer ist. „Wenn sie noch mal eine Chance hat“, sagt ein britischer Journalist, „dann mit diesem Lied.“

Fünf Mal singen, fünf mal Manöverkritik

Fünf Mal muss sie singen. Nach jedem Durchgang erfolgt Manöverkritik. Der Sound wird abgemischt, Kamerapositionen werden festgelegt. Lena diskutiert im Schneidersitz mit, hat aber zwischendurch noch Zeit sich nach ihrem Lieblingsfußballverein zu erkundigen. „Wie steht es beim FC Köln?“ Im großen und ganzen, wird sie später Bilanz ziehen, „war die Probe gut“. Nur ein paar Kleinigkeiten müsse man noch ändern bis zum Finale am kommenden Samstag.

Überhaupt wirkt Lena entspannt in diesen Düsseldorfer Tagen. Wenn für Boris Becker einst der Centre Court von Wimbledon sein „Wohnzimmer“ war, dann ist es für die junge Frau aus Hannover der Song Contest. Deshalb sei es auch richtig gewesen, noch einmal anzutreten. „Es wäre so traurig, wenn ich das alles hier im eigenen Land nicht miterleben könnte“, findet sie. „Ich fühle mich, als wäre ich nach Hause gekommen.“

Ein Zuhause wohlgemerkt, in dem sie mittlerweile anscheinend auch alleine zurecht kommt. „Ich“ sagt sie und nicht mehr wie früher „wir“. Und von Stefan Raab, der noch vor einem Jahr gerne mal antwortete, wenn sie gefragt wurde, ist an diesem Tag nichts zu sehen. Souverän und in nahezu fehlerfreiem Englisch scherzt sich Lena allein und gut gelaunt aber nicht albern durch die gut 30-minütige Fragerunde. Gut, vielleicht sagt sie ein bisschen zu oft „cool“ oder „crazy“. Aber schließlich ist das Mädchen gerade einmal 19 Jahre alt.

„Noch einmal werde ich nicht antreten“

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Sie erzählt die „witzige Geschichte“ von dem Apfelsaft, der ihr in der Garderobe in die Schuhe gelaufen ist und ihre Barfüßigkeit erklärt. Und sie verrät, dass sie den armenischen Beitrag immer ganz laut dreht im Bus. „Boom Boom, ganz tolle Nummer.“ Genau wie die Beiträge aus Irland, Island oder Serbien. Und dann ist da natürlich noch die Gruppe Blue, die für England antritt. Auch ganz toll. „Machen immer noch die gleiche Musik wie in den 90er Jahren.“

Selbst wenn sie nach ihren Chancen im Finale gefragt wird, bleibt Lena gelassen. „Ich versuche, nicht so viel daran zu denken. Das macht einen nur krank“, sagt sie und lächelt. „Sie hat ja schon alles erreicht“, versuchen manche Beobachter diese Gelassenheit zu erklären. Mag sein. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass Lena, anders als all die Superstars, die Deutschland in den vergangenen Jahren gesucht hat, nicht nur einen Plan B sondern auch einen Plan C oder D hat, wenn es mit dem Singen nicht mehr klappt und die Kritik zu laut, die Häme zu groß wird. Doch selbst wenn sie den Erfolg vom Vorjahr wiederholen kann, ist das Kapitel Eurovison Song Contest für sie am 14. Mai abgeschlossen. Denn egal ob Sieg oder Niederlage: „Noch einmal“, ist sich Lena sicher, „werde ich nicht antreten.“