Berlin. . Isabella Rossellini ist Schauspielerin, Regisseurin und war lange das Gesicht einer bekannten Beauty-Firma. Jetzt vergibt die Tochter berühmter Eltern – Ingrid Bergman und Roberto Rossellini – als Präsidentin der Internationalen Jury in Berlin die Bären.
Man kann Isabella Rossellini (58) eigentlich nicht als Filmstar bezeichnen, dafür sind ihre Rollen denn doch überwiegend zu unspektakulär, zu sporadisch und auf zu viele Länder verteilt.
Ein bekanntes Model war sie lange Zeit, so etwas wie das „Gesicht“ der Kosmetikfirma Lancome, bis die dieser schönen Frau mit 42 den Vertrag kündigte.
Eine Regisseurin ist sie neuerdings, macht ihre skurrilen kleinen Filme unter dem Reihentitel „Green Porno“, in denen sie mit viel Komik und herrlichen Kostümen das Sexualleben von Insekten und Meeresgetier nachstellt. Vielleicht muss man die Tochter der Schauspielerin Ingrid Bergman und des Regisseurs Roberto Rossellini doch eher als Gesamtkunstwerk betrachten. Oder, wie ihr alter Freund Roberto Benigni es ausdrückt, als „Geschenk“.
Auf der Berlinale ist diese Isabella in diesem Jahr die Präsidentin der Internationalen Jury und muss am Ende über die Vergabe des Goldenen Bären entscheiden. In dieser Funktion hat sie Stillschweigen zu bewahren, darf keine Interviews geben und sollte sich tunlichst nur zwischen Kino und Hotel bewegen. Beim Berlinale Talent Campus, dem Nachwuchsseminar des Festivals, hat sie nun eine Ausnahme gemacht, ist einfach auf die Bühne gegangen und hat sich von dem britischen Filmhistoriker Peter Cowie und dem Publikum befragen lassen.
Eine richtige Hollywood-Karriere ist ihr verwehrt geblieben
Da sitzt sie nun im dunkelgrauen Hosenanzug und trägt darunter einen Pulli mit Rollkragen. Sonst ist eher der strenge Stehkragen ihr Markenzeichen geworden.
„Ich habe keinen Agenten mehr“, gibt sie zu. Anfragen beantwortet sie persönlich. „Auf der Bühne hat man als Schauspieler ein längeres Leben als beim Film“, sagt sie.
Aber die Bühne, das ist nichts für diese Frau mit zwei Staatsbürgerschaften (USA und Italien) und einem Lebensmittelpunkt in New York. Obwohl, eine richtige Hollywood-Karriere ist ihr verwehrt geblieben. Als sie mit der Schauspielerei ernsthaft anfing, da hatte sie die 30 bereits hinter sich. „Zu alt für die Traumfabrik und außerdem hatte ich einen Akzent.“
Der Mann mit dem größten Einfluss auf ihr Leben, das wird immer ihr Vater bleiben, versichert sie. Sie war zwar mit einigen Männern in ihrem Leben zusammen, „aber das war immer von überschaubarer Dauer“.
In „Late Bloomers“ spielt sie an der Seite von William Hurt die Hauptrolle
David Lynch muss so etwas wie die Liebe ihres Lebens gewesen sein, denn von ihm spricht sie immer wieder. „Er mag kein großer Redner sein bei den Dreharbeiten, aber er weiß definitiv, was er will.“ Bei Lynch spielte sie 1986 die gequälte Sängerin Dorothy Vallens in „Blue Velvet“, ohne Angst vor Szenen in völliger Nacktheit und vor haufenweise Make-Up-Blessuren in ihrem makellosen Gesicht.
Lynch, bekannt für seine ebenso düsteren wie komplizierten Filme, habe nie beabsichtigt, dass man seine Kinowerke tatsächlich durchschaut. „Er hat mich im Gegenzug gefragt: Verstehst du eigentlich das Leben?“
Der Film „Late Bloomers“ (sinngemäß etwa: Spätes Blühen), in dem sie an der Seite von William Hurt seit langem einmal wieder eine Hauptrolle spielt, wird während der Berlinale als Special-Vorführung gezeigt. Aber auch ihre zahlreichen Nebenrollen fordern sie: „Eigentlich sind sie die schwierigere Aufgabe, denn man muss mit nur wenigen Auftritten und Szenen trotzdem versuchen, einen Charakter zu formen.“
Sie hat nie verstanden, warum „Casablanca“ zu einem Kultfilm wurde
Auf die Frage, was sie in ihrem Leben jemals bereut habe, nennt sie die vielen Absagen an Filmfestivals in der Zeit, als ihre Kinder noch klein waren. „Heute weiß ich: Jury-Arbeit ist wie der Besuch in einem Museum, du siehst andauernd unterschiedliche Stile. Ich liebe diese Erfahrung.“
Zum Schluss erzählt sie noch von ihrer Mutter Ingrid Bergman, der vielleicht erfolgreichsten Schauspielerin, die Europa jemals hervorgebracht hat, allein neun Jahre davon an der Spitze in Hollywood – bis das Verhältnis zu dem verheirateten Rossellini dem im prüden Amerika ein Ende setzte. Ihre Mutter, die in „Casablanca“ an der Seite von Humphrey Bogart spielte, habe nie begriffen, warum ausgerechnet aus diesem Werk ein solcher Kultfilm geworden sei.
„Das war doch zeitweise wie die Rocky Horror Show“, erinnert sich ihre Tochter, „die bekanntesten Dialoge wurden im Kino einfach mitgesprochen.“ Bei der Ähnlichkeit, die Isabella Rossellini mit ihrer Mutter hat, möchte man mit einstimmen: „Here’s lookin’ at you, Kid“. Oder, im Deutschen etwas abgefälscht: „Schau mir in die Augen, Kleines.“