Berlin. Vor vier Jahren gewann Radu Jude den Goldenen Bären. Sein neuer Wettbewerbsfilm „Kontinental ’25“ ist leider kein ähnlich großer Wurf.
Was für ein Bild. Ein Obdachloser, der in einem Heizkeller haust und auf der Straße Leute anbettelt, die einen großen Bogen um ihn machen, sitzt im Wald zwischen lauter dort aufgestellten, sich bewegenden Dinosaurier-Puppen, als seine einzigen Begleiter. Später wird eine Frau zwischen diesen Dinosauriern stehen. Und um ihr Seelenheil beten.
Eine Unschuldige leidet unter Schuldgefühlen
Die Schicksale der beiden sind tragisch miteinander verwoben. Orsolya (Estzer Tompa) ist Gerichtsvollzieherin in Cluj, der Hauptstadt Transsilvaniens, und muss den Heizkeller räumen lassen. Weshalb der Obdachlose sich mit einem Draht an einem Heizkörper erdrosselt. Die Gendarmen um Orsolya zucken nur mit den Schultern. Und ein Mann auf dem Amt meint kühl, sie könne nicht „die Mutter von allen“ sein. Aber Orsolya wird fortan von Schuldgefühlen geplagt.
Niemand vermag sie zu trösten. Nicht der Gatte, der sie in den Arm nimmt, aber dabei auch zum Sport im Fernsehen guckt. Nicht die Freundin. Schon gar nicht die Mutter, die meinte, sie als Ungarin hätte nach Budapest ziehen soll, obwohl ihre Tochter Orban für einen Faschisten hält. Nicht ein früherer Schüler von ihr, der nur Sex mit ihr will. Und nicht mal ein Priester, der eiskalt urteilt, Selbstmord sei eine Ursünde.
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„Kontinental ’25“ ist der neue Film von Radu Jude, Rumäniens wilder Filmemacher, der vor vier Jahren mit „Bad Luck Banging Or Loony Porn“ den Goldenen Bären gewann. Und er legt den Finger wieder tief in die Wunde einer gespaltenen Gesellschaft. Bald schon wird Orsolya gemobbt, als Ungarin, die einen ehemaligen rumänischen Atlethen in den Tod getrieben hat.
Und in den Gesprächen der verzweifelten Frau geht es bald auch um allgemeine Schuldgefühle bei all dem Leid der Welt, von der Ukraine bis Gaza, und wie man damit weiterleben soll. Wobei auch korrupte Immobilienspekulanten ihr Fett abbekommen, die mitten in der Altstadt einen Hochbau errichten möchten: das titelgebende Hotel Kontinental.
Als Gesellschaftskritik ein bisschen wenig
Wie üblich fegt Jude wie ein Derwisch durch eine Gesellschaft ohne Mitgefühl, mit einer einzigen zugewandten, zunehmend verzweifelten Frau im Zentrum. Aber diesmal gelingt Jude die Satire nicht so ganz, franst seine Geschichte aus. Und findet auch kein Ende.
Stattdessen sehen wir zuletzt nur sterile Neubauten, Hotelanlagen für Touris und Wohnpark mit Gated Areas. Die neue Gesellschaft, in der die Armen und Unterprivilegierten keinen Platz mehr finden. Schon klar. Aber als Gesellschaftskritik doch ein bisschen wenig
Termine: 20.2., 9.30 Uhr, Uber Hal;, 21.2., 12.15 Uhr, HdBF; 22.2., 22.15 Uhr, HKW 1; 23.2., 18.45 Uhr, Uber Hall.