Berlin. Sie haben es wieder getan: Richard Linklater und Ethan Hawke bezaubern einmal mehr die Berlinale: mit „Blue Moon“ im Wettbewerb.

Und dann kommt er doch noch, ein Film, der alles überstrahlt. An Tag Fünf des Festivals, spät genug. Aber er kommt. Und einmal mehr von Richard Linklater. Der hat die Berlinale schon vor 30 Jahren mit „Before Sunrise“ und 2014 mit „Boyhood“ bezaubert. Für beide gab es einen Silber-Bären für die Regie. Und auch an seinem neuen Film kommt die Bären-Jury eigentlich nicht vorbei. Vielleicht wird’s ja mal ein Preis für Link­laters Dauerstar Ethan Hawke? Oder gar mehr?

Ein Erfolgsduo beginnt, ein anderes endet

„Blue Moon“ handelt von einem anderen Dreamteam. Hawke spielt darin Lorenz Hart, den berühmten Textautor, der mit Komponist Richard Rodgers 24 Jahre lang Musicalhits schrieb wie „My Funny Valentine“, „Isn’t It Romantic“ oder dem titelgebenden „Blue Moon“. Für die USA waren sie, was Gilbert & Sullivan für England waren.

Gleich anfangs jedoch steht Hawke als Hart betrunken im Regen, taumelt gegen eine Mülltonne, landet in einer Pfütze. Kurz darauf, Ende 1943, wird er sterben. Dann sehen wir ihn sieben Monate zuvor in der Premiere eines neuen Rodgers-Musicals: „Oklahoma!“ Die Liedtexte sind aber nicht von Hart, sondern von Oscar Hammerstein. Rodgers (Andrew Scott) arbeitet nicht mehr mit Hart, weil der seine Alkoholsucht nicht unter Kontrolle hat. Gequält verlässt Hart das Theater.

Und geht in seine Lieblingsbar, wo der 47-Jährige sich mit der 20-jährigen Studentin Elizabeth (Margaret Qualley) trifft. Er steht eigentlich auf Männer, sieht sich aber als „omni-sexuell“. Sie liebt ihn, „aber nicht auf diese Art“.

Gesellschaftsdrama vom Feinsten, Kammerspiel von größter Dichte

Und dass sie sich just da treffen, wo Rodgers seine Premierenfeier abhalten wird, ist auch keine gute Idee. Der tragische Abgang eines Mannes, der sein letztes Kapitel selber schreiben will. Nicht mal der Nachruhm bleibt: Rodgers sollte mit Hammerstein ein noch erfolgreicheres Duo bilden.

Ein Erfolgsduo: Richard Linklater und sein Dauerstar Ethan Hawke. © Getty Images | Sebastian Reuter

Der Stoff überrascht für Linklater. Aber auch dieser Film ist eine geschliffene Konversations(tragi)komödie. Die Dialoge hat er diesmal nicht selber geschrieben, das Drehbuch stammt, wie schon bei „Ich & Orson Welles“, von Romanautor Robert Kaplow.

Der Film spielt fast ausschließlich in der schummrigen Bar. In der Hart wie ein tragischer Tänzer zwischen seinen Interessen herumtänzelt, aber weder bei Rodgers landet, mit dem er wieder zusammenarbeiten will, noch bei dem Mädchen, das am Ende gar mit Rodgers weggehen wird.

Ihm bleiben nur sein Witz und Zynismus, der Alkohol, den er immer unverhohlener trinkt, und der Barmann als letzter Freund. Das mag erst mal bühnenhaft und statisch klingen, ist aber das Gegenteil ist: Ein Gesellschaftsdrama vom Feinsten, ein Kammerspiel von größter Dichte. Stark gespielt. Und unbedingt bärenwert.

Termine: 19.2., 13 Uhr, Uber Hall und 22 Uhr, HKW 1; 20.2., 13 Uhr, Urania; 23.2., 10 Uhr, Berlinale-Palast