Duisburg. Dirk Geuer ist Kurator der Internationalen Gartenausstellung im Ruhrgebiet. Er holt große Kunst, darunter das Werk „Ahab“ von Julian Schnabel.

Mit der Internationalen Gartenausstellung (IGA) wird 2027 eine der größten Gartenfestivals der Welt ins Ruhrgebiet kommen. „Wie wollen wir morgen leben?“ ist die Leitfrage des Großprojekts, das nicht weniger als „die grüne Zukunft des Ruhrgebiets“ gestalten will.

Doch wie kann das künstlerisch mit Leben gefüllt werden? Dafür zeigt sich der Düsseldorfer Kurator Dirk Geuer verantwortlich, der weltweit Künstler wie Heinz Mack und HA Schult vertritt. Um seine Vision zu veranschaulichen, erzählt der Kunstkenner gern die Geschichte vom Wal im Rhein, eine „wunderschöne, wahre Geschichte“, wie er findet.

Moby Dick im Rhein – und ein Zoodirektor als Captain Ahab

1966 hatte sich ein Belugawal in das Gewässer verirrt. Ein Transportschiff, das ihn in einen Zoo nach England bringen sollte, war gekentert und das Tier nutzte sein Ticket in die Freiheit. Ein junger Italiener entdeckte den Wal in Duisburg im Rhein und wurde zunächst für verrückt gehalten. Als sich die Sichtungen mehrten, blies der damalige Zoodirektor Wolfgang Gewalt zur Jagd auf den Wal. „Der Zoodirektor wurde zum Captain Ahab, der Wal zu Moby Dick. Sogar mit Tennisnetzen wollte er ihn fangen“, schildert Geuer.

Dagegen formierte sich Widerstand: Aktivisten störten das Vorhaben, auch in der Bevölkerung regte sich Widerstand – und Moby Dick schwamm eines Tages einfach zurück ins Meer. „Durch diesen Wal“, sagt Geuer, „hat sich die erste Tier- und Umweltschutzbewegung entwickelt und das startete in Duisburg!“

Skulptur „Ahab“ des Künstlers Julian Schnabel wird am Rhein aufgestellt

Skulptur Ahab Julian Schnabel
Die Skulptur Ahab von Julian Schnabel wird im Rahmen der Internationalen Gartenausstellung (IGA) am Rhein in Duisburg aufgestellt. Sie ist sechs Meter hoch und drei Tonnen schwer. © Dirk Geuer | Dirk Geuer

Ganz konkret will Dirk Geuer mit nichts Geringerem als der Skulptur „Ahab“ des renommierten US-Künstlers Julian Schnabel an die irre Geschichte erinnern: Die sechs Meter hohe und drei Tonnen schwere Skulptur soll exakt dort am Rhein positioniert werden, wo der Wal gesichtet wurde. Geuer will den Blick aber nicht nur in die Vergangenheit richten. „Von 1966 bis heute hat sich eine Menge getan: Rhein und Ruhr sind viel sauberer geworden, die Luft ist besser, wir haben gelernt“, sagt Geuer und ergänzt: „Der weiße Wal hatte nach seinem Ausflug in den Rhein Flecken, so toxisch war der Fluss damals.“

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Dabei will er weg vom erhobenen Zeigefinger: „Wie können wir die Zukunft gestalten, ohne die Vergangenheit komplett zu ignorieren?“, fasst Geuer zusammen. Er wolle das Thema Nachhaltigkeit durch die Kunst sichtbar machen: „Künstler sind Seismografen unserer Zeit, die sichtbar machen, was grad nicht so gut läuft“, sagt Geuer, der in der IGA eine „unfassbare Chance“ für das Ruhrgebiet sieht. Sie biete der Region eine riesige Plattform und könne ihr Gesicht nachhaltig verändern. „Laut Machbarkeitsstudie könnte die Internationale Gartenausstellung bis zu fünf Millionen Besucher anlocken“, heißt es seitens der IGA.

Zur Person Dirk Geuer

Dirk Geuer ist Geschäftsführer der Geuer & Geuer Art GmbH und seit 1989 als Kurator, Ausstellungsmacher und Verleger von Exklusiv-Editionen im In- und Ausland tätig. Im Alter von 19 Jahren verließ er die Galerie seiner Eltern in Grevenbroich und machte sich als Galerist selbstständig.

Geuer arbeitete mit namhaften Künstlern wie u.a. Günther Uecker, Mel Ramos, Christo, Heinz Mack, Jörg Immendorff und Tony Cragg zusammen. Zuletzt war er Kurator der „Biblioteca Marciana“ im Rahmen der Biennale in Venedig und präsentierte dort zum Auftakt den bedeutenden Bildhauer Bernar Venet. In Düsseldorf betreibt Geuer selbst eine Galerie: Dort will er perspektivisch aber keine Kunst mehr verkaufen sondern diese nur noch präsentieren. Neben seiner Aufgabe als Kurator der IGA obliegt Geuer auch die künstlerische Leitung des Düsseldorfer Skulpturenparks.

Dabei entscheidet Geuer nicht allein über die gezeigte Kunst, wie er betont. Mitte des Jahres will er eine vier- bis fünfköpfige, internationale Jury präsentieren. Dazu kündigte er für die nächsten Monate Besuche in den Museen und Kunsteinrichtungen von Duisburg bis Dortmund an: „Ich will jedem die Chance geben, an dem Projekt anzudocken“, sagt Geuer. Auch Künstlerinnen und Künstler werden sich noch in diesem Jahr mit ihren Ideen bewerben können. Dabei dürfen die Bilder, Skulpturen und Installationen auch zum Nachdenken anregen und unbequem sein: Eines der von Geuer bereits ins Auge gefassten Kunstwerke ist beispielsweise die Serie „Schmerzfiguren“, die aus Holz abgestorbener Wälder entstand.

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Kunst von HA Schult und Heinz Mack

Glücklicherweise darf die Kunst auf der IGA aber auch etwas ganz Profanes: schön sein. Neben der Nachhaltigkeit will Geuer mit dem Thema Schönheit einen zweiten Schwerpunkt setzen – das liege bei der Kombination von Gärten und Natur geradezu auf der Hand: „Die Schönheit in der Kunst war mir zu viele Jahre zu verpönt!“, findet Geuer. Zwar sei das Ruhrgebiet eine „wahnsinnige Attraktion“, könne aber in manchen Bereichen noch schöner werden. Einige hochkarätige Zugpferde haben ihm für seine Mission bereits ihre Unterstützung zugesagt: Neben Julian Schnabel wird auch Kunst von Heinz Mack und HA Schult auf der IGA zu sehen sein.

Auch musikalisch will Dirk Geuer große Namen ins Revier holen, hat sogar bereits Kontakt zum Management von Moby aufgenommen. Der amerikanische Sänger, der vegan lebt und die Erlöse der vergangenen Tour komplett an Tierschutzorganisationen spendete, passe nicht nur wegen seines nachhaltigen Lebensstils perfekt zur IGA: Herman Melville, der Autor von Moby Dick, ist sein Ur-Urgroßonkel.