In der Region. In ihrem Solo „Shesus“ hinterfragt die Komikerin die Rolle der Frau in der Katholischen Kirche – auch aus dem Blickwinkel einer jungen Mutter.
2024 war ein Jahr, das das Leben von Carolin Kebekus nachhaltig verändern sollte: Im Januar wurde die Komikerin zum ersten Mal Mutter. Über den Vater sowie Geschlecht und Namen des Kindes spricht sie weiterhin nicht, es gibt aber ohnehin genug Stoff für ein Interview: Nach einigen Monaten Bühnen- und TV-Abstinenz ist die 44-Jährige seit Spätsommer wieder zu sehen – auf der Bühne mit ihrem neuen Soloprogramm „Shesus“, im Fernsehen und der ARD Mediathek in „Die Carolin Kebekus Show“, von der noch bis einschließlich 2. Januar neue Episoden gezeigt werden. Hier, wie auch in „Shesus“, spricht Kebekus über ihre neue Mutter-Rolle und das Patriarchat in der katholischen Kirche – und verrät darüber hinaus, welche TV-Show sie unbedingt noch einmal moderieren will.
Seit September sind Sie live mit „Shesus“, seit Oktober wieder im Ersten mit der „Carolin Kebekus Show“ zu sehen. War es der richtige Zeitpunkt, in die Öffentlichkeit zurückzukehren oder wäre eine längere Babypause sinnvoll gewesen?
Es gibt Momente, in denen ich denke: ‚Puh, das ist jetzt schon ganz schön viel‘. Aber es gibt genauso viele Momente, wo ich froh bin, wieder auf der Bühne zu stehen. Im Juni waren ein paar kleine Preview-Auftritte, ich war also ein halbes Jahr weg, allein mit dem Kind. Ich merkte, dass ich wieder eine andere Aufgabe brauche, dass ich über das Erlebte rund um Schwangerschaft und Geburt sprechen will. Da passierte wahnsinnig viel Lustiges. Für mich war es die richtige Entscheidung, wieder aufzutreten, es war gut für meine mentale Gesundheit. Wenn ich heute arbeite, kann ich auch gut abschalten, weil ich weiß, dass das Baby gut betreut ist.
Kochte es in Ihnen als Komikerin, wenn Sie in den Monaten zuvor etwas Inspirierendes erlebten, aber wussten, dass Sie das jetzt nicht sofort als Bühnen-Gag nutzen können?
Ja, diese Situationen gibt es immer wieder. Diese „Dazu fällt mir sofort ein lustiger Spruch oder gleich ein Song zu ein, jetzt wäre ich gerne auf der Bühne“-Momente. Ich fand aber auch dieses Wissen, erstmal Ruhe zu haben, wichtig. Es gibt ja auch genug gegensätzliche Momente, wo einem eben kein lustiger Witz einfällt.
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Die Tour findet in kleinen Blöcken von nicht mehr als drei Auftritten am Stück statt. Garantiert das die bestmögliche Work-Life-Balance?
Auf jeden Fall. Drei Termine, dann nach Hause fahren. Mehr geht gerade nicht. Die großen Hallen, die ich spiele, mit diesen vielen Tausenden Menschen, das erfordert viel Energie. Wenn man dann noch schlecht schläft ... Ich war ja erst stolz auf meinen supertollen Betreuungsplan, wie der so aufging, vergaß aber, dass ich trotzdem zu wenig Schlaf bekomme, auch wenn alles andere top organisiert ist.
Wie läuft das rund um die kommenden Feiertage?
Ich war früher für mehr zuständig, mehr Geschenke, mehr Vorbereitung. Da bin ich dieses Jahr so ein bisschen raus, weil man mit allem, woran man bei einem Kind denken muss, schon gut ausgelastet ist. Plus dann Vollzeit arbeiten, da bleibt nicht mehr viel Zeit, ein Familienessen zu planen.
Also diesmal eher bekochen lassen?
Sooo nämlich … (lacht)
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In Ihrem letzten Interview mit dieser Zeitung fiel der Satz „Ich war schon immer vulgär“. Hat sich das nach der Kindesgeburt verändert? Stichwort „Vorbild“ …
Vor mir höre ich gerade alle Zuschauer*innen, die schon im Programm waren, lachen. Es ist an manchen Stellen so schlimm vulgär. Aber durch die Heiligkeit, die man so als Mutter hat, ist es ein schöner Ausgleich. Im Programm geht es ja auch um die Geburt, die läuft jetzt eben nicht ohne „untenrum“ ab, wenn Sie wissen, was ich meine. Da passiert so viel, was man oft eher nicht ausspricht. Aber wenn man es ausspricht, wird es sehr lustig.
Wie viele Männer sind denn noch „Manns genug“, in eine Soloshow von Carolin Kebekus zu gehen?
Tatsächlich recht viele. Natürlich sind aber insgesamt mehr Frauen da. Was sehr schön ist: Es sind aus jeder Altersgruppe Leute da. Bekomme ich regelmäßig zu hören, wenn ich wen aus Familie oder Freundeskreis einlade: „Krass, da sind ganz Alte, aber auch ganz Junge und alles irgendwie gemischt …“. Also: Männer sind auch sehr herzlich willkommen!
Der Titel „Shesus“ verrät ja schon, dass die Kirche im Programm eine größere Rolle spielt. Warum?
Zum einen finde ich den Titel einfach geil. Und als Mutter hat man ja so eine Art göttliche Rolle, man erschafft einen Menschen aus dem Nichts. Das verhält sich sehr konträr dazu, wie ich als Frau in der katholischen Kirche behandelt werde. Als Frau bist du eine Gläubige zweiter Klasse, es sei denn, du bist die Mutter des Messias. Frauen dürfen in der Kirche eben nicht so viel machen wie Männer. Mit diesem Thema spiele ich sehr gerne. Als Mutter ist es nochmal interessanter, das alles in Frage zu stellen.
2013 gab es harte Kritik von Konservativen, nachdem Sie Kardinal Meißner parodierten und im Musikvideo „Dunk dem Herrn“ an einem Kruzifix leckten – spielt das noch eine Rolle für Sie?
Naja, kirchenkritisch bin ich immer noch, auch in meiner Sendung. Ich unterstütze die Initiative Maria 2.0, habe einen Verein gegründet, der Opfern von Klerikern hilft. Und wir wissen ja sogar, dass der Kardinal Meißner doch mehr wusste, als er damals in seinem legendären „Nichts geahnt“-Interview sagte.
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Kommen denn gezielt Rückmeldungen aus der katholischen Kirche?
Die finden natürlich nicht alles gut, aber das überrascht mich auch nicht. Wie sollen sie auch, da würde ja das ganze Konstrukt ins Wanken kommen. Von einer gewissen Frauenfeindlichkeit kann sich die katholische Kirche aber nicht freisprechen, da wird es sehr schwierig, zu argumentieren. Ich hinterfrage ja nicht den Glauben der Menschen. Mir geht es rein um die Rolle der Frau in der Kirche, das treibt mich nach wie vor sehr um.
Das zweite große Thema im Programm ist Ihre Mutterschaft. Was können denn im Publikum sitzende werdende Eltern oder die, die es werden wollen, lernen?
Dass Wochenbett kein Elternzeiturlaub ist. Ich dachte, das Wochenbett wäre mein Teenagertraum, im Sinne von „wochenlang im Bett“. Einfach abhängen, gemütlich viele Serien glotzen … nein, überhaupt nicht. Dass der Körper einiges mitmacht, wusste ich, aber wie es genau wird, ahnt man dann ja doch nicht. Und zur Geburt: Man kann Sachen planen, man kann Sachen einkaufen, sich superviele Gedanken machen. Dann kommt das Baby und sagt ‚Nein, so nicht! Ich will es anders!‘. Da kann man in meiner Show ganz bildhaft ein paar meiner Erfahrungen mitnehmen.
Einige Monate vor der Kindesgeburt waren Sie in „Wir gegen die!“, einer gemeinsamen Spielshow mit Bruder David, zu sehen und traten gegen andere prominente Geschwisterpärchen an. Wie war das für Sie und sind weitere Folgen geplant?
Also für David und mich war das einfach nur geil. Wir sind dahingefahren, wussten nicht, was uns erwartet, waren vorab nicht in die Spiele eingeweiht. Im Studio war es wie ein großer Kindergeburtstag. Die Spiele, die sich das Team überlegt hatte, waren so toll. Einmal mussten wir erraten, ob ein Essen von unserer Mutter gekocht wurde oder nicht. Einfach herrlich. David und ich sind superehrgeizig, wir wollen immer gewinnen und hatten richtig Spaß. Das war einfach eine tolle Familiensendung und meine ganze Familie saß mitzitternd bei jeder Folge im Publikum. Eine zweite Staffel ist erstmal nicht geplant, aber ich wäre natürlich sofort dabei!
Gegen wen sollte es dann gehen?
David hat eine lange Liste, in der nur Sportler stehen. Die Kroos-Brüder stehen ganz oben auf der Liste, Jürgen Klopp wäre auch einer. Die Kaulitz-Brüder auch. Die Frier-Schwestern, die würden wir auch fertigmachen! Die kleinere Schwester kann da ruhig mitkommen, die können zu dritt kommen, die machen wir auch noch fertig … (lacht) Und Karoline Herfurth. Die wollte schon kommen, hat dann aber ihren einen Bruder nicht überreden können. Das wäre so schön gewesen.
Ein weiteres interessantes Projekt war das „DCKS Festival“, bei dem 2022 in Köln ausschließlich Frauen aus Musik und Komik auftraten. Wie steht es da um eine Neuauflage?
Ist auf jeden Fall denkbar. Wir hatten es bislang nicht nochmal geschafft, weil die Man- und Womanpower für Logistik und Planung fehlte. Wir sind normal keine Festivalveranstalter, wir machen Comedy- und TV-Shows, das ist eine andere Hausnummer. Es war ein brutal geiles Event, der Zuspruch war toll. Aber wir wollten auch nicht, dass wir plötzlich ein festes Frauen-Festival sind, was dazu führt, dass die großen Festivalveranstalter zu den Frauen sagen: ‚Joa, dann geht doch dahin.‘ Aber ich kann mir schon vorstellen, dass wir das irgendwann nochmal machen.
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Mit einem weiteren Projekt geht es bald wieder auf die Bühne: Wie finden Sie denn noch Zeit für die BeerBitches, Ihre Kölsche-Mundart-Musikgruppe?
Wir versuchen ja regelmäßig aufzutreten – auch wenn es dann nur zweimal im Jahr ist. Das sind Konzerte, die mir wirklich heilig sind, es macht einen Riesenspaß, mit den Mädels aufzutreten, auch mit den Jungs zu musizieren. Alle würden das gerne viel öfter machen, aber dadurch, dass ich so viele andere Sachen mache, geht es leider momentan nicht anders.
Sie füllen die größten Hallen Deutschlands, Sie haben eine eigene TV-Show im Ersten, Sie sind Mutter. Gibt es noch einen unerfüllten Traum, ein letztes großes Ziel?
Es gibt nicht das eine Projekt, das ich unbedingt machen will. Ich habe immer Bock auf große Shows und würde mich nicht dagegen wehren, wenn mal etwas Großes am Samstagabend möglich wäre. Vielleicht die mit meinem Bruder, dieses Kompetitive. Ansonsten wünsche ich mir für die Zukunft einfach, dass mir der Hunger und die Inspirationen für meine Programme nie ausgehen. Dass ich niemals satt oder desinteressiert werde, dass ich die Motivation behalte, Leute zum Lachen zu bringen.
Carolin Kebekus: „Shesus“ live
7.2. Oberhausen (Rudolf Weber-Arena), 8.2. Krefeld (Yayla Arena), 27.2. Dortmund (Westfalenhalle), 28.2. Münster (Halle Münsterland), 5.+6.4. Köln (Lanxess Arena), 10.9. Grefrath (Eissporthalle). Karten ab ca. 45 €. BeerBitches live: 31.5. Köln (Gloria, ausverkauft), 7.+8.11. Köln (E-Werk). Karten ca. 45 €.