Essen. Zum ersten Mal läuft am 4. Oktober das Zinnober-Festival in Essen: Ein Pflichttermin für Musikkenner, die etwa das Reeperbahnfestival schätzen.

Wer glaubt, der Punk sei tot, der sollte sich den 4. Oktober im Kalender eintragen: Dann läuft auf dem Gelände des Delta-Musikparks die Premiere des Zinnober-Festivals. Der gleichnamige Verein hat es sich zum Ziel gemacht, Musikerinnen und Musikern eine Bühne zu bieten, die zwar nicht die großen Hallen füllen, deren Kunst aber große gesellschaftliche Relevanz hat.

Headliner sind die Lambrini Girls aus England, die mit derbem Post-Punk im Stil von Idles gegen ihre Heimat schießen. Durchaus nischiger seien sie mit ihrem Programm und das sei auch gewollt, sagt Mitorganisator Kai Suffa-Friedel: „Wir wollen ein Festival für Musik, die wir selbst gern mögen.“ Punk, New Wave, Neue Deutsche Welle, Hardcore - all diese Einflüssen fänden sich in immer mehr aktuellen Musikprojekten wieder. Sein Partner Reza Danaei, mit dem er Zinnober e.V. gründete, sieht darin auch einen Ausdruck des Zeitgeistes mit all seinen Unsicherheiten: „Und diese jungen, aufstrebenden Musikerinnen und Künstler wollen wir gern präsentieren.“

Synthpop mit Kontravoid, New Wave mit Steintor Herrenchor

Reza Danai Kai Suffa Friedel
Reza Danaei (l.) und Kai Suffa-Friedel organisieren das erste Zinnober-Festival in Essen. © Zinnober e.V. | Zinnober e.V.

Neben den Lambrini Girls treten Künstler wie Hexer, Synthpop-Künstler Kontravoid, die New Wave- und Postpunk-Band Steintor Herrenchor sowie Nils Keppel auf, der mit seinem verzweifelt-düsteren Sound als einer der Pioniere der Neuen Neuen Deutschen Welle (NNDW) gilt. Die Genres seien verschieden, der Geist hinter der Kunst aber sehr ähnlich, findet Reza Danaei. „Wir beobachten schon länger den DIY-Trend also den Wunsch, seine Musik wieder komplett selbst zu vermarkten: Etwa wieder Kassetten aufzunehmen und auch Merch selbst produzieren zu lassen.“

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Neben der Musik wird es auch einen „Artyard“ geben, auf dem Künstlerinnen und Künstler wie Elisa Betha und Ugly Blackwork ihre Artworks für Plattencover, Siebdrucke und Tattookunst zeigen. Dazu wird Philip Meinert aus seinem Buch „Hompunk History“ lesen, in dem er mit dem Vorurteil aufräumt, Punk sei ausschließlich heterosexuell und männlich geprägt. So schaut er etwa auf die New Yorker Prä-Punks von The Velvet Underground um den bisexuellen Lou Reed und zeichnet die englische Punkrevolution als kreative Befreiung von Frauen nach. Spätestens hier schließt sich der Kreis zu den Lambrini Girls, die die Festivalmacher sehr bewusst als Headliner ausgewählt haben.

Neben dem Festival will der Verein demnächst auch wieder Partys veranstalten, wie zuletzt im Frühjahr im Essener Hotel Shanghai mit Wilson Gonzalez. Auch einzelne Konzerte schließen Danaei und Suffa-Friedel nicht aus, um „ihre“ Musik weiter aus der Nische zu holen. Musikalisch knüpft dieser Gedanke an andere Vorreiter wie das Hamburger Reeperbahnfestival an. Als „Bühne für Menschen, die ihr Ding machen“, bezeichnet Kai Suffa-Friedel das. Dass sie damit im Ruhrgebiet und NRW eine Lücke füllen, beweist die Vielzahl an Anfragen von Bands, die schon vor der Premiere nach einer Neuauflage im nächsten Jahr gefragt haben.

Zinnober-Festival, Fr., 4.10, ab 15 Uhr, Delta-Musikpark, Frohnhauser Str. 75, Essen. Tickets: 25 Euro hier.