Ruhrgebiet.. Hennes Bender greift komödiantisch nach den Sternen, bleibt aber trotzdem auf dem Boden der Tatsachen: Der Bochumer Komiker geht in seinem Programm auch als Star Wars Stormtrooper auf die Bühne. Wir sprachen mit ihm Humor im Weltall und im Ruhrgebiet.

Es gibt Menschen, die stecken mitten in ihrem Element, obwohl sie, wenn man’s genau betrachtet, eigentlich gerade in einer extrem unbequemen weißen Plastikrüstung stecken. Sie kneift und rutscht und schlackert an den Knien, während sie in ihre Einzelteile zu zerfallen droht – durch die Sichtschlitze im Helm kann man kaum einmal anständig geradeaus gucken. Für viele Männer und manche Frauen ist das ein absoluter Traum.

Man beginnt, das ein wenig zu begreifen, wenn man sieht, mit welchem Strahlen im Gesicht Hennes Bender seinen Helm vom Kopf nimmt, seine braunen Locken dreiwettertaftig schüttelt und durch seine Brille in die Kamera blickt. Irdische Lästigkeiten, dass man also in solch einer Uniform nicht sitzen, rennen und nur sehr, sehr schwierig auf die Toilette gehen kann, sind in solch einem Moment galaktisch egal. Denn da steht gefühlt ein echter Stormtrooper, ein Soldat im Dienst der dunklen Seite – auch wenn er die Ähnlichkeit mit einem echten Comedy-Star aus Bochum nicht ganz verhehlen kann. Hennes Bender (46) macht in letzter Zeit öfter Ausflüge in außerirdische Gefilde, weil er infiziert ist von einem Virus namens „Star Wars“, einem Leiden, das auch Leidenschaft ist und immer mehr Menschen dazu treibt, in ihrer Freizeit zu Lichtschwert und Blaster-Gewehr zu greifen.

Darth Vader-Abraham

Hennes Bender, Comedian aus dem Ruhrgebiet mit Ambitionen Richtung Weltall, da stellt sich doch die Frage: Warum soll man nach den Sternen greifen, wenn der Humor doch bei uns auf der Straße liegt? Im Fall von Bender ist die Erklärung ganz einfach: „Über Darth Vader habe ich mich zum ersten Mal lustig gemacht, als ich 1980 in ,Das Imperium schlägt zurück’ gewesen bin und dann einen Artikel in der Schülerzeitung geschrieben habe. Neulich ist er übrigens wieder aufgetaucht. Es war ein satirischer Abriss über Star Wars, was so ein bisschen sehr in Richtung des ,Mad’-Magazins ging, das ich damals sehr viel gelesen habe. ,Darth Vader-Abraham’ hieß es dann und ,Yoga’ anstatt Yoda. Es war wirklich der erste Comedy-/Kabarett-Text den ich jemals geschrieben habe. Mit 12 Jahren.“

Über die Sohlen hinweg Tacheles reden

Tatsächlich spielt in Benders Bühnenprogrammen das Ruhrgebiet gar keine so zentrale Rolle wie bei anderen Spaßtreibenden der Region. Und das, obwohl er sich zwischenzeitlich als Autor des Ruhrpott-Lexikons „Komma lecker bei mich bei“ hervorgetan hat. Aber natürlich hat er sich im Laufe der Jahre Gedanken über die Besonderheiten des Humors in seiner Heimat gemacht: „Der Ruhrpotthumor zeichnet sich durch seine unmittelbare Direktheit aus, was auch an der ,Verknappung’ unserer Sprache liegt. In den Zechen hatten die Kumpels ja auch keine Zeit, lange zu palavern, da wurde über die Sohlen hinweg Tacheles geredet. Und das ist eben in unseren Duktus eingeflossen und auch so geblieben. Übrigens nicht zu verwechseln mit dem Zynismus und der Pampigkeit der Berliner ,Schnauze’. Da dient Ironie oft zu reinem Selbstzweck.“

Man merkt, dass Bender sich auch intellektuell mit allen möglichen Arten von Humor auseinandergesetzt hat. Sein Studium (Filmwissenschaft in Bochum) hat er mit einer Arbeit über die Mittelalter-Symbolik in den Filmen von Monty Python und Terry Gilliam abgeschlossen. Kein Scherz!

Parodie als höchste Form der Verbeugung

Doch jetzt sind wir gerade in einer vollkommen anderen Welt, an einem Ort, der hergerichtet ist wie Weltraum-Kaschemme auf Luke Skywalkers Heimatplaneten, auch wenn er in Wirklichkeit direkt in Mönchengladbach liegt, inmitten der Filmfigurenausstellung, die zugleich die größte Star-Wars-Dauerschau zumindest in Nordrhein-Westfalen ist. Zwischen sündhaft teuren, handgefertigten Lichtschwertergriffeln, zotteligen Wookie-Felljacken und kunstvoll illuminierten Modellen von Sternenzerstörern sollte Hennes Bender sich doch eigentlich fühlen wie Darth Vader, wenn er den Todesstern inspiziert. Doch der Weißuniformierte wiegelt ein wenig ab, aus gutem Grund: „Eigentlich ist es hier so wie bei mir zu Hause, ein bisschen sieht’s so aus. Ich habe nicht ganz so viele Star-Wars-Sachen, aber doch einige. Vielleicht finde ich ja noch das ein oder andere Objekt, was mir noch fehlt“ und während er diesen Satz vollendet, bekommt seine Stimme einen leicht gierigen Klang und seine Augen schielen begehrensvoll zur Seite.

Verstärkung von den deutschen Stormtroopern

Hennes Bender hat den Sternenkrieg natürlich längst zu sich auf die Bühne geholt. Anfangs noch in normaler Straßenkleidung und erzählend aus der Fan-Perspektive („Wenn ihr Star Wars nicht kennt: Das ist jetzt gerade unheimlich lustig, was ich hier mache“). Neuerdings trägt er aber auch selbst auf der Bühne Uniform, manchmal flankiert von vier, fünf weiteren Stormtroopern. Wobei… Wenn man von der dunklen Seite der Macht derart fasziniert ist, sollte man sich dann darüber lustig machen? „Ich mache mich ja nicht lustig über Star Wars, ich liebe es ja. Ich finde, die Parodie und auch die Veräppelung ist immer die höchste Form der Verbeugung. Wenn ich etwas auf die Bühne bringe, dann mache ich das immer mit unheimlich viel Ehrerbietung und Respekt, weil ich finde: Sich über etwas lustig zu machen ist immer unheimlich einfach, aber wirklich eine Hommage zu erbringen und seinen Tribut zu zollen an etwas, das einen doch sehr berührt und das die ganze Kindheit und Jugend geprägt hat, das ist einfach schön.“

Früher Hamlet, heute Sponge Bob

Dass andere Star-Wars-Fanatiker durchaus seinen Sinn für Humor teilen, beweist ja auch die imperiale Unterstützung, die Hennes Bender auf der Bühne erhält: Die Stormtrooper, die mit ihm dort stehen, sind nicht etwa irgendwelche angeheuerten Kostümsöldner, sondern Mitglieder der „501st Legion – German Garrison“, dem deutschen Ableger einer wahrscheinlich galaxisweit operierenden Rollenspielertruppe, die berüchtigt ist dafür, dass sie es mit den Kostümen und der Darstellung der Filmcharaktere extrem genau nimmt – und Bender zu ihrem Ehrenmitglied ernannt hat. Welche Funktion die Raumsoldaten nun in der Show haben? Das ist ein Geheimnis, das Bender am liebsten so gut gehütet wissen will wie Darth Vader einst seine wahre Identität. Nur die Besucher seiner Live-Show werden es wohl zwangsläufig erfahren.

Abendfüllend ist die Star-Wars-Nummer (bisher) noch nicht, aber Bender ist sehr breit aufgestellt: Mit Star Trek, Herr der Ringe, Batman, James Bond und, äh…, ja sogar mit Sponge Bob Schwammkopf deckt der Komiker eine ganze Breitseite der Fan-Kultur ab – nicht schlecht für jemanden, der einst im Theater als Hamlet anfing.

Er spricht die Kampfdroiden in den „Star Wars“-Hörspielen

„Diese ganze Popkultur-Sache nehme ich zum Anlass, mich völlig zum Löffel zu machen. Es geht in meiner Show aber nicht nur darum, es geht auch um gesellschaftspolitische und kulturpolitische Sachen. Außerdem bin ich ja immer sehr selbstreferenziell, ich lese aus meinem eigenen Arztbefund vor, wo mir ein ,adipöser Habitus’ unterstellt wird. Das ist eine Unverschämtheit. Aber Star Wars ist natürlich auch ein Teil davon. Und wenn man sich das anguckt, ist da sehr viel Philosophie und sind sehr viele religiöse Ansätze darin, die auch ein bisschen durchmengt werden. Yoda steht da für das Buddhistische, der meditiert und schwebt in der Luft. Also da steckt mehr drin als Geballere und reine Science-Fiction- Unterhaltung.“

Den Spaß ernst nehmen

Bender gehört also zu jenen, die bereit sind, ihren Spaß ernst zu nehmen. Was ihm tatsächlich auch schon Aufträge eingebracht hat, die ihn zum offiziellen Teil der Star-Wars-Galaxis machen: „Ich habe die Kampfdroiden in den Star-Wars-Hörspielen sprechen dürfen. Es ist ja eine Ehre, dass man das machen darf. Das waren wichtige, zentrale, die Handlung tragende Rollen mit Sätzen wie ,Vorsicht! Stehenbleiben! Nicht weiter oder ihr seid des Todes. Achtung, Vorsicht, er schießt!’ Als der Regisseur mich angerufen hat, ob ich das machen wollte, gab es gar keine Diskussion mehr, ob ich da Lust zu habe.“

Die putzigen Droiden, die in den meisten Geschichten ja eher als williges Lichtschwertfutter dienen, haben Benders Ambitionen befeuert. Denn die Sprecher der Hörspiele sind ja meist auch die Original-Stimmen aus den Filmen – und umgekehrt. Wenn J.J. Abrahams bald die letzte Klappe zu „Episode 7“, der ja derzeit gedreht wird, fallen lässt, könnte das zeitversetzt und über kleine Umwege zum Bimmeln eines Telefons in Bochum führen. Bender: „Ich warte noch auf den Anruf, Mr. Abrahams! Ich weiß, Sie sind schon am Drehen, aber es ist immer noch Platz für einen kleinen Droiden, irgendwo in einer kleinen Ecke. Ich habe meine Fühler schon in die richtige Richtung ausgestreckt. Also: Die Macht ist definitiv mit mir!“

  • Hennes Bender live: 5.9. Bestwig, Bürgerhaus, 25.9. Duisburg, Meidericher Kleinkunstbühne, 7.11. Essen, Bahnhof Kettwig, 15.11. Dortmund, Fritz-Henßler-Haus
  • Die Filmfigurenausstellung Mönchengladbach lohnt einen Besuch: Berliner Platz 10, Mönchengladbach, www.filmfigurenausstellung.info

Kurz nachgefragt... bei Hennes Bender

Was wären Sie geworden, wenn Sie einen anständigen Beruf ergriffen hätten?

Hennes Bender: Ich wollte eigentlich Grafiker werden, aber da kam das Theater dazwischen. Heute würde ich wahrscheinlich zum Beleuchtungstechniker tendieren. Seit zwei Programmen kümmere ich mich sehr intensiv um das Lichtdesign meiner Shows, da geht vor dem Auftritt gerne mal doppelt so viel Zeit drauf wie beim Soundcheck. Man kann SO viel mit Licht machen. Mehr als „an und aus“!

Wollten Sie jemals weg aus dem Ruhrgebiet - und wenn ja, warum?

Ich habe bereut, dass ich niemals ein Auslandssemester gemacht habe. Viele denken ja, ich hätte zwischendurch in Köln oder Berlin gewohnt, dabei war ich einfach nur oft dort. Ausgehalten habe ich es immer nur in Bochum. Grönemeyer hat zwar drüber gesungen, aber ich bin im Gegensatz zu ihm dageblieben.

Wie geht Ihr liebster Ruhrgebiets-Witz?

Ruhrgebiets-„Witze“ finde ich doof, der wahre Humor ist der, welcher auf der Straße passiert. Ich sah zum Beispiel mal Herbert Grönemeyer in Person durchs Bermudadreieck gehen. Neben mir stand ein älteres Ehepaar. Sie: „Kuck ma, da geht der Heribert Grönemeyer!“ Er: „Na und? Der geht auch nur kacken!“ Sowas KANN man sich nicht ausdenken.

Worüber können Sie selbst am meisten lachen?

Über meine eigenen Fehler, Unperfektheit und Missgeschicke. Und meine Frau kriegt mich natürlich jedes Mal zum Lachen. Aber die ist ja auch selber Komikerin. Die macht das ja beruflich.