Drei neue Klassik-Alben reichen vom Promi-Trio über den opulenten Klangkosmos Claude Debussys bis zu Astor Piazzollas Tango-Kunst.
Drei sind ganz schön viele
Treffen sich drei Spitzenmusiker, sagt der eine: „Lass uns mal Beethovens Fünfte spielen!“ Was wie ein Witz klingt, hat in pandemischen Zeiten attraktive Früchte getragen. Gewiss: Pauken und Trompete, Kontrafagott und Posaune schweigen, aber wenn drei so begnadete Künstler wie Yo-Yo Ma (Cello), Emanuel Ax (Klavier) und der bei uns immer noch im Status eines Insider-Tipps rangierende überragende Geiger Leonidas Kavakos zusammenkommen, ist ein Erlebnis sicher. Wir hören in Colin Matthews eigens geschriebener Fassung nicht den Liszt’schen Versuch, ein Orchester zu imitieren. Hier erkunden Kammermusiker das sinfonische Wunder Beethovens, packend, erzmusikantisch und nicht selten Schubert grüßend. Für die zweite Sinfonie nutzen sie als Vorbild die bewährte Einrichtung von Beethovens Zeitgenossen Ries. Ein ganz starkes Album für Trio-Freunde und also ein dreifaches Hoch auf die CD „Beethoven for Three“ (Sony, ca. 16 €).
Debussy im Original
Kölns amtierender Generalmusikdirektor ist international erfolgreich wie nur wenige Vorgänger. Mit dem von ihm schon 2003 gegründeten Originalklang-Ensemble Les Siècles hat François-Xavier Roth von Beginn an weit über das übliche Feld von Barock und Klassik hinaus bekannt: Es gibt viel Neues zu entdecken, wenn man auch die großen Würfe des 19. und 20. Jahrhunderts im Geist ihrer Zeit erkundet. Eine Großtat mit berauschenden Hör-Panoramen von diskreter Opulenz. Nun ist er bei Debussys „Pelléas et Mélisande“ (harmonia mundi, 3 CDs) angekommen. Ganz wenig Vibrato, dazu das filigrane, nie grell gleißende Pastell der Darmsaiten von Violine bis Kontrabass. Das Echo auf den Schmerzenskosmos von Wagners „Parsifal“ ist extrem präsent. Freunde dieser Musik (die Oper hat es in Deutschland auch 120 Jahre nach ihrer Entstehung nicht leicht) tun sich Welten auf. Eine Großtat mit erstklassiger junger Sängerbesetzung!
Tangos vom Niederrhein
Dass hier eine niederländische Geigerin und ein niederrheinisches Orchester walten, hätte man bei einer Blindverkostung im Leben nicht erraten. So herrlich fiebrig klingt dieses neue, ganz im Zeichen des Nago-Nuevo-Magiers Astor Piazzolla stehende Album „Variations on Buenos Aires“ (Berlin Classics, ca. 18 €). Aber Isabelle van Keulen ist – trotz weltweit gefeierter Klassik-Meriten zwischen Beethoven und Brahms – bekennend dem König des Tangos unserer Tage verfallen, sie hat ihm zuliebe gar ein eigenes, ihren Namen tragendes Ensemble gegründet. Und dann ist sie ja auch noch künstlerischer Kopf der Deutschen Kammerakademie Neuss ...
Sie alle meistern den argentinischen Klang-Spagat aus Schwermut und bacchantischer Leichtfüßigkeit auf grandiose Art und Weise. Eine Hommage erster Güte!