Oberhausen. Der Gasometer Oberhausen öffnet am 1. Oktober nach fast zwei Jahren Sanierung mit der Ökologie-Ausstellung „Das zerbrechliche Paradies“.
Noch wird rund um den Gasometer Oberhausen gestrichen, gebaggert, geschliffen, geteert und gewerkelt. Wenn dann aber am kommenden Freitag das Industriedenkmal nach fast zwei Jahren Sanierung mit der Ausstellung „Das zerbrechliche Paradies“ wieder eröffnet, soll es „fit für die nächsten 30 Jahre sein“ – diese Zusicherung hat Gasometer-Chefin Jeannette Schmitz vom Architekturbüro der Sanierung bekommen. Selbst das Ticket-System ist erneuert worden. Und ganz am Anfang der Sanierung im Dezember 2019 stand die Ausbesserung der Fundamente.
Auch zum 1. Oktober wird noch nicht alles fertig sein. So fehlt noch die Außenbeleuchtung. Sie wird auf LED-Leuchten umgestellt; obwohl sie vor einem Dreivierteljahr bestellt wurden, können sie, dank Knappheit auf dem Weltmarkt, erst ab November Licht spenden, etwa mit dem charakteristischen blauen Lichtkranz unter dem Gasometer-Dach. 14 Millionen Euro sollte die Sanierung ursprünglich kosten, ein paar „böse technische Überraschungen“ später sind es doch 16,4 Millionen geworden. Davon zahlt die Gasometer GmbH selbst 1,25 Millionen, den Rest tragen Bund, Land und Regionalverband Ruhr.
14 verschiedene Farbschichten gab es – nun auch eine mit Eisenglimmer
Das Denkmal hatte übrigens 14 verschiedene Farbschichten. Am Ende entschied man sich, den Originalfarbton des Wiederaufbaus von 1949 anzustreben: ein grauer, bräunlich wirkender Grundton mit oxid-rötlicher Einfärbung. Auf die Grundierung mit Zinkstaub wurden vier verschiedene Farbschichten aufgetragen. Bei der Deckschicht hat man der Farbe Eisenglimmer zugegeben; der soll besser vor Rost schützen und den Gasometer im Sonnenauf- und -untergang funkeln lassen.
Und von innen gibt es zunächst eine Fortsetzung der höchst erfolgreichen „Wunder der Natur“-Ausstellung der Jahre 2016/17: Wandtafelgroße Abzüge von exzellenten Farbfotografien erzählen von den Urgewalten des Ozeans, von kleinen Mäusen unter der Kanaren-Glockenblume, von der unglaublichen Tarnung der Zwergpuffotter im Wüstensand und dem alljährlichen „Sardinenrennen“ vor Südafrika, bei dem Delfine unter Wasser auf Kap-Tölpel treffen, die 40 Meter Sturzflug hinter sich haben. Filme, Installationen und VR-Brillen für beinahe hautnahe Begegnungen mit Schwarzkaimanen und anderen Überraschungen des brasilianischen Regenwaldes bezeugen die Schönheit der Natur.
Esels-Pinguine, Schnee-Makaken und ein kindliches Vulkan-Opfer
Mit dem Seeleoparden kurz vorm Verspeisen eines Esels-Pinguins wird auch Fressen und Gefressenwerden zum Thema, ein japanischer Schnee-Makake mit Smartphone in der Affenhand zeugt von Rissen im Paradies, genau wie die sonnenbadenden Touristen vor Tsunamitrümmerbergen am Silvestertag 2004. Schon ganz am Anfang schockt der Gipsabguss vom Leichnam eines drei- bis vierjährigen Kindes, das beim Vulkanausbruch des Vesuvs 79 n. Chr. unter den Lavamassen begraben wurde.
Im Obergeschoss der Ausstellung dann gibt es eine umfassende Bebilderung vom Raubbau des Menschen an der Natur, von der CO2-Belastung bis zum ökologischen Fußabdruck und einem blutig enthornten Nashorn. Immerhin gibt es mit dschungelbegrünten Hochhäusern auch Hoffnungsschimmer, und überhaupt wartet da die große Erdkugel-Nachbildung im Obergeschoss. Mit ihr hat der Gasometer, Christos smartiebunte Fässerwand oder seine Luftnummer mit dem XXL-Ballon in allen Ehren, schon 2016 seine sinnträchtigste Füllung erfahren. Wie in der „Wunder der Natur“-Schau wird die 20-Meter-Kugel von Projektoren in einen Giga-Globus verwandelt, der nun etwa die Schiffsrouten des Planeten zeigt (und warum die Luft in Europa und den USA besser, in Asien aber schlechter geworden ist) oder Windströmungen rund um die Welt. Auf Monitoren am Umgang kann man sich erläutern lassen, was man sieht. 20 kleinere beleuchtete Globen ein Stockwerk tiefer zeigen verschiedene Daten von Erdbeobachtungssatelliten – ein beeindruckender Nachhilfeunterricht in Naturkunde und menschengemachtem Unheil. Wer hier rauskommt, weiß, dass wir keine Wahl mehr haben. Wir müssen retten, was zu retten ist.