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Facebook-Süchtige und Nachrichtenjunkies können es sich nicht vorstellen: ein Leben ohne Internet. Autor Alex Rühle hat es ein halbes Jahr lang ausprobiert und ein ganzes Buch geschrieben. Ein paar Seiten weniger hätten auch gereicht.

Die Idee ist gut: Einfach mal abschalten. Nicht im übertragenen Sinn, sondern ganz real. Alex Rühle, Redakteur bei der Süddeutschen Zeitung, gibt sein Blackberry in der Technikabteilung ab, lässt auf seinem Computer den Internetzugang sperren und arbeitet fortan nur noch offline. Er sucht in Telefonbüchern nach den Nummern seiner Interviewpartner, benutzt wieder Nachschlagewerke in Buchform und zwingt seine Mitmenschen zu Fax, Brief und Postkarte.

Systematisch hat sich der Autor auf die sechs Monate Internet-Fasten vorbereitet und hat theoretische Papiere über digitale Sucht, Beschleunigung und Überforderung recherchiert und ausgedruckt, um sein Fasten-Tagebuch mit wissenschaftlichen Grundlagen zu unterfüttern.

Dem Tagebuch-Stil nicht treu geblieben

Doch genau diese Grundlagen sind es, die gleich am Anfang des Buches den Lesefluss hemmen. Immer wieder unterbricht er eigentlich lesenswerte Passagen mit Theorie und Vergleichen zu Suchtkrankheiten. Rühle schreibt zu Beginn, was ihn an seinem internetgeprägten Leben stört und was er sich von seinem Offline-Experiment erhofft. Vieles von dem geht zwar auch in Erfüllung, doch bleibt er dem Tagebuch-Stil nicht treu. Einige Male nimmt er spätere Entwicklungen vorweg – zum Beispiel sein Fastenbrechen vor Ablauf der sechs Monate oder die sich anbahnende Brieffreundschaft mit einem Gefängnis-Insassen, der das gleiche Experiment unfreiwillig macht.

Viele der kleinen Geschichten aus dem Alltag ohne Netz sind zwar sicher erzählenswert, doch ein ganzes Buch über das Thema zu schreiben ist ein ambitioniertes Vorhaben, das im Fall Rühle nicht gelingt. 222 Seiten sind zu viel für Anekdoten über Fax, Postkarte und Brief. Für einen Blog hätte es gereicht, aber das wäre nicht im Sinne des Erfinders gewesen.

Das 222-seitige Buch ist im Klett-Cotta-Verlag erschienen und kostet 17,95 Euro (ISBN 978-3-608-94617-8).