Berlin. .

Die schwarz-gelbe Bundesregierung ist seit zwölf Monaten im Amt. Bei Maybrit Illner präsentierten sich CDU und FDP aber nicht als harmonische Koalitionspartner. Vielmehr scheinen die Querelen innerhalb der Regierung nicht enden zu wollen.

Regierung und Opposition – das sind die klassischen Eckpfeiler der deutschen Politik. Die Koalitionsparteien halten zusammen und wettern gemeinsam gegen die Opposition. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz, auf das sich die Bürger bisher immer verlassen konnten. Gerade bei einer schwarz-gelben Bundesregierung und einer rot-grünen Opposition dürfte man doch klare politische Fronten erwarten. Bei Maybrit Illner war am Donnerstagabend davon allerdings wenig zu sehen. Zu Gast waren Thomas de Maizière (CDU), Dirk Niebel (FDP) und Hannelore Kraft (SPD).

Bundesinnenminister de Maizière ging zunächst einmal auf Kuschelkurs mit allen anwesenden Parteien. „Die Große Koalition hat das Land gut in der Krise geführt und die liberale Koalition hat das Land gut aus der Krise geführt“, antwortete der CDU-Politiker auf die Frage, wer denn nun für den Aufschwung in Deutschland verantwortlich sei. Später schoss er dann allerdings recht deutlich gegen den liberalen Koalitionspartner. Zur Lockerung des Kündigungsschutzes gefragt, sagte de Maizière: „Wir haben eine andere Auffassung als die FDP. In der Krise wollten wir den Kündigungsschutz nicht erleichtern, damit die Unternehmen die Leute nicht auf die Straße setzen.“

Streitthemen Rente mit 67 und Steuererleichterungen für Hotels

Und so ging es weiter. Bei seinem Versuch, die Steuererleichterung für Hoteliers als einen Gewinn für den gesamten Mittelstand darzustellen, konnte Entwicklungshilfeminister Niebel nicht auf die Unterstützung seines Regierungspartners zählen. „Die Sache mit den Hotels ist wie sie ist und sie wird nicht schöner dadurch, dass wir lange darüber reden“, war de Maizières einzige Aussage zu diesem umstrittenen Thema. Und auch in Bezug auf die Rente mit 67, deren Nutzen gerade mal wieder vom bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer angezweifelt wird, waren sich die Koalitionspartner bei Illner nicht einig. Während sich de Maizière klar dafür aussprach, wies Niebel darauf hin, dass die FDP ohnehin ein flexibleres Rentensystem gewollte hätte.

Weiterhin erzählte Niebel, dass er von den schwarz-gelben Koalitionsverhandlungen enttäuscht gewesen sei. Die FDP hätte feststellen müssen, dass die CDU vieles aus der Politik der Großen Koalition selbst gewollt hätte. Dabei hatte der Entwicklungshilfeminister zu Beginn der Sendung noch dazu aufgerufen, „mehr intern und weniger extern zu diskutieren“.

Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) Foto: Nigel Treblin/ddp
Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) Foto: Nigel Treblin/ddp © ddp

Aber irgendwie können sie es nicht lassen. Und das scheint nicht nur für die beiden Galionsfiguren der politischen Streitkultur Horst Seehofer (CSU) und Guido Westerwelle (FDP) zu gelten, sondern auch für ruhigere und besonnenere Regierungspolitiker wie de Maizière oder Niebel. Natürlich fallen bei einer solchen Besetzung keine wüsten Beschimpfungen à la „Wildsau“ oder „Gurkentruppe“, aber Differenzen zwischen den Regierungspartner waren deutlich zu spüren.

Hannelore Kraft kann sich zurücklehnen

Und wie heißt es doch so schön: Wenn zwei sich streiten, freut sich die Dritte. Und das war am Donnerstagabend Hannelore Kraft. Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin konnte sich auf sachliche Aussagen konzentrieren, ohne Gefahr zu laufen, dass ihr der eigene Koalitionspartner in den Rücken fiel. Die Grünen waren ja auch gar nicht zum TV-Talk eingeladen.

Beim Publikum punktete die SPD-Politikerin vor allem mit ihren Aussagen zur Integrationsdebatte. Über dem Integrationsproblem stehe ein soziales Problem, erklärte Kraft. Es gebe soziale Brennpunkte, in denen nicht nur türkischstämmig Kinder kein deutsch sprechen könnten, sondern auch deutschstämmige. Außerdem sei es in der Tat so, dass Menschen mit einem türkischklingenden Namen bei der Bewerbung häufig benachteiligt würden. Sie wolle daher in NRW anonymisierte Bewerbungsverfahren einführen.

Es gab allerdings auch ein Thema, bei dem sich CDU und FDP einig waren: Die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke, die am Donnerstag im Bundestag beschlossen wurde. Atomkraftgegner Kai Niebert, der als Bürger bei Illner zu Gast war, schaffte es mit seinen Aussagen, dass die beiden Regierungspolitiker ausnahmsweise mal gemeinsam ihre Politik verteidigten. De Maizière wies entschieden die Behauptung des Umweltschützers zurück, dass es eine Verbindung zwischen Atomkraftwerken und Leukämie bei Kindern gebe.

Und Niebel unterstellte den Atomkraftgegnern „ein hohes Maß an Scheinheiligkeit“. Sie wollten zwar Windkraft, seien aber gleichzeitig auch die ersten, die gegen einen Ausbau des Transportnetzes für Windenergie protestierten. Ironischerweise waren sich FDP und CDU also gerade bei der politischen Entscheidung einig, die laut ZDF von zwei Dritteln der Bevölkerung abgelehnt wird.