Berlin. .

Also, wenn das wahr ist... Gerüchte sind das älteste Massenmedium der Welt, und eine Ausstellung im Berliner Museum für Kommunikation umkreist wunderbar spielerisch Klatsch und Tratsch, Intrige und Legende.

Haben Sie schon gehört? Also, wenn das wahr ist, will ich Erna heißen. Gerüchte sind das älteste Massenmedium der Welt und die digitalen Spielwiesen nicht selten das Ceranfeld der Gerüchteküche: Schnell, heiß, spiegelglatt. Eine Berliner Ausstellung umkreist jetzt wunderbar spielerisch Tratsch und Klatsch, Intrige und Legende.

Neulich beim Friseur, gestern in der Kantine, heute Morgen bei Twitter: Gerüchte vertreiben Langweile und schaffen Vertraulichkeit. Routinierte Tratschverbreiter glauben nichts, erzählen aber alles weiter. Am Ende gleicht das verführerische Geschwätz dem entfesselten Lindwurm, den A. Paul Weber vor über 50 Jahren in seiner berühmten Karikatur „Das Gerücht“ durch die Straßenschluchten fegen ließ.

Gerüchte lassen Börsenkurse Achterbahn fahren und lösen Hamsterkäufe aus

Die Karrikaturisten Thomas Plaßmann (links, für NRZ) und Arnd Hawlina (rechts, für Westfälische Rundschau) mit Bodo Hombach, Geschäftsführer der WAZ Mediengruppe. Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool
Die Karrikaturisten Thomas Plaßmann (links, für NRZ) und Arnd Hawlina (rechts, für Westfälische Rundschau) mit Bodo Hombach, Geschäftsführer der WAZ Mediengruppe. Foto: Matthias Graben / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool wp

Vier Karikaturisten der WAZ-Mediengruppe haben Webers Motiv jetzt aufgegriffen und ins digitale Zeitalter übersetzt: Der Lindwurm 2.0 rauscht durch den virtuellen Plapperraum. Die Originalzeichnungen von Heiko Sakurai (WAZ), Thomas Plaßmann (NRZ), Arnd Hawlina (WR) und Jürgen Tomicek (WP) sind ein Geschenk von Bodo Hombach für die WAZ-Mediengruppe an die Berliner Gerüchte-Ausstellung im Museum für Kommunikation.

Gerüchte sind schillernde Wesen, lassen Börsenkurse Achterbahn fahren, lösen Hamsterkäufe aus und sichern Promi-Anwälten den Lebensstandard. Dabei sind Gerüchte von Natur aus weder gut noch schlecht – es kommt darauf an, was man mit ihnen anstellt. Schon gehört? Prinz William und Kate Middleton heiraten im Bernsteinzimmer, die Monroe hatte was mit Stalin und Elvis lebt. Der Boulevard lebt von so etwas, aber auch der seriöse Journalismus horcht auf Gerüchte, braucht Spekulationen und Gedankenspiele -- aber nicht als Schlagzeile, sondern als Aufgabe: Mal sehen, was dran ist, woher das kommt und ob hier einer was verbergen will.

„Die gute Recherche ist der Tod des Gerüchtes“

Heiko Sakurai (WAZ) Karrikatur
Heiko Sakurai (WAZ) Karrikatur

„Die Recherche kann vom Gerücht angestoßen werden. Aber die gute Recherche ist der Tod des Gerüchtes“, schreibt WAZ-Geschäftsführer Hombach in einem Essay zur Ausstellung. Solides Journalisten-Handwerk führt zu Glaubwürdigkeit, und die ist gerade in Zeiten digitaler Gerüchteköche ein hohes Gut. Hombach hatte sich jüngst bei einem Kongress in Berlin für ein journalistisches Selbstverständnis stark gemacht, das seine Glaubwürdigkeit aus dem hellwachen Blick auf die Mächtigen im Land speist, sie auf Schritt und Tritt fürchten lässt, dass herauskommt, wenn einer was verstecken will.

Die Berliner Ausstellungsmacher zeigen derweil eindrücklich, wie widerstandsfähig Gerüchte sein können. Im Selbsttest erfahren Besucher, wie eins entsteht: Ein beliebter Kollege, heißt es in einem kurzen Bildschirmtext, wird den Betrieb verlassen. Wer die Episode unkonzentriert überfliegt, merkt bei den anschließenden Testfragen, wie mächtig Stereotype (ungerechter Arbeitgeber, unschuldiger Mitarbeiter) wirken. Das Gerücht („Die haben wieder einen entlassen!“) ist geboren. Die Wirklichkeit - nun, da muss man wohl noch mal konzentriert von vorne lesen.

Potente Klatschagenten

Leicht überdreht, aber deshalb umso eingängiger ist die nächste Station: Zwölf Schauspieler betätigen sich abwechselnd als hochpotente Klatschagenten und tratschen, bis einem die Ohren bluten. Und es ist natürlich nur ein Gerücht, dass ausgerechnet die Journalisten bei der Vorbesichtigung an dieser Stelle besonders neugierig Schlange standen.