Duisburg. .

Er gilt als „rebellischer Einzelgänger“, als exzessiver Künstler, der in seiner Malerei die Poesie und die Erotik verarbeitete. Das Museum Küppersmühle widmet Walter Stöhrer die erste große Werkschau im Ruhrgebiet.

Wer nicht mit dem großen Strom schwimmt, der geht in der öffentlich Wahrnehmung bisweilen ein wenig unter. Und so begegnen wir dem Künstler Walter Stöhrer nun als einem „rebellischen Einzelgänger“. Einem Mann, der sich selbst als „figurativen Maler“ bezeichnete, obwohl sein heftiger, gestischer Pinselschwung doch bestens ins Erscheinungsbild des Informel zu passen schien. Doch die Abgrenzung war immer ein Kennzeichen Stöhrers, der mit den gängigen Strömungen der Nachkriegsmoderne so wenig anfangen konnte wie mit dem malerischen Radikalbruch. So kommt dem Duisburger Museum Küppersmühle nun das Verdienst zu, Stöhrer zum 10. Todestag die höchst fällige erste umfassende Werkschau im Ruhrgebiet zu widmen.

Walter Stöhrer „Kopf (Maiba) II“ von 1962.                             Foto: Katalog
Walter Stöhrer „Kopf (Maiba) II“ von 1962. Foto: Katalog © WAZ

Die Ausstellung „Kraftfelder“ gibt einen Überblick von den frühen Gemälden aus den 1960er Jahren bis zum letzten Werk von 1999. Man entdeckt einen Bilder-Berserker, der sich mit emotionaler Verve und ekstatischer Wucht in seine Kunst stürzte, der mit dem Pinsel tobte und mit der Farbe empfand, der schichtete und übermalte, bis ihn allmählich die Kräfte verließen und die Leinwände auch mal weiße Stellen haben durften. Ein Feingeist mit Furor, ein eleganter Wüstling mit Schnurrbart und Zigarettenspitze, so zeigt ihn der im Museum zu sehende Film von Werner Krüger aus dem Jahr 1990. Stöhrer war einer, der die Literatur, den Alkohol und die Frauen liebte, der exzessiv lebte und arbeitete, der im Laufe seines Lebens manches Öl- und Götzenbild zerstörte und am Ende sich selbst. Im Jahr 2000 starb er an einem Bronchialtumor.

„Busen, Beine, Oberschenkel, das versuche ich zusammenzusetzen“

Als „barbarische Tat“ bezeichnet sein Freund und Kurator Günther Wirth Stöhrers Malerei. „Zärtlich“ nennt seine letzte Frau Hanne Forstbauer die Bewegung seiner Hand. Und genau in diesem Spannungsfeld bewegt sich die Ausstellung, die Stöhrers sinnlich-wildem Zeichen-Vokabular nachgeht, den Zitaten und Kritzeleien, den geschwungenen Phallussymbolen und aus der Tube gedrückten Farbwürsten. Bilder, die die Schule der Abstraktion doch nie verhehlen konnten. Stöhrer selbst bezeichnete seine Malerei als „intrapsychischen Realismus“: „Wenn dies auch keine ganzen Figuren sind, so sind es doch Figurenalphabete, Sprachalphabete. Busen, Beine, Oberschenkel, das versuche ich zusammenzusetzen.“

Er liest Gedichte und gießt Poesie in lust- und schwungvolle Malerei. Und er übermalt nicht nur eigene Werke, sondern auch die seines Lehrers HAP Grieshaber. Die monumentale, vierteilige Arbeit „Schlachtet den Vater“, Ergebnis einer öffentlichen Malaktion, bei der Stöhrer 1969 Grieshabers Bilder mit dessen Zustimmung übermalte, sind in der Küppersmühle prächtig in Szene gesetzt. Zu den Großformaten kommen Radierungen, Zeichnungen, Tuschen. Das Leise und Laute, das Wüste und Sensible, es passt bei Stöhrer auf wundersame Weise zusammen.