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Sex, Drogen, Gewalt: So haben sich Clay und seine Freunde die 80er vertrieben. Was aus ihnen geworden ist? Hat auch Autor Bret Easton Ellis interessiert. 25 Jahre nach seinem Debüt „Unter Null“ gibt’s ein Wiedersehen in „Imperial Bedrooms“.

Es ist Mitte der 80er, Clay und seine Freunde haben reiche Eltern, so viele Partys wie Drogenprobleme und Sex ohne Ende, da präsentiert Rip, der Dealer, Clay stolz die Zwölfjährige, die er sich als Sex-Sklavin hält. Die Regung, dem Kind zu Hilfe zu kommen, hat Clay nicht, aber warum Rip – der doch alles habe – das tue, will er schon wissen. Er habe eben nicht alles, sagt Rip, er habe „nichts zu verlieren“. Drei Worte, die den Kern von Bret Easton Ellis’ Roman-Debüt „Unter Null“ und der darin beschriebenen Existenzen ziemlich genau treffen. Clay und die anderen treffen wir jetzt in „Imperial Bedrooms“ wieder: Ellis’ neuer Roman erscheint am Donnerstag auf Deutsch.

25 Jahre später hat sich eigenlich nichts verändert. Wieder kommt Clay von der Ostküste nach Los Angeles zurück: Die Partys sind gediegener, die Designerklamotten gedeckter, aber Clay und Julian, Blair und Trent sind immer noch damit beschäftigt, sich ausschließlich um die möglichst unmittelbare Befriedigung der eigenen Triebe zu bemühen. Sie besitzen die Währung Jugend nicht mehr, dafür die Währungen Macht und Geld in rauen Mengen. Getauscht wird in Hollywood in Sex und Drogen und in leeren Versprechungen: Gib mir Deinen Körper, dann geb’ ich Dir eine Rolle.

Julian war mal Junkie, Stricher und ein Freund, jetzt ist er clean, Zuhälter und dann tot

Clay ist inzwischen Drehbuchautor (wie Ellis auch, nur erfolgreicher), auch die anderen vermehren ihr geerbtes Vermögen in Hollywood – als Manager, Drogen- oder Menschenhändler. Clay trifft eine junge Frau, die sich Rain nennt, eigentlich mit allen anderen schon geschlafen hat und jetzt hofft, durch Clay eine Rolle in einem Film zu bekommen. Dass er gerade sie so dringend besitzen will, hat vermutlich nicht unwesentlich damit zu tun, dass sie eigentlich mit Julian zusammen ist. Der war mal Junkie, Stricher und sowas wie ein Freund, jetzt ist er clean, Zuhälter und schließlich tot. So lakonisch wie in seinen sechs anderen Büchern beschreibt Ellis, wie Egomanen sich völlig teilnahmslos in BMWs durchs Leben bewegen, und am Ende des kurzen Romans erfahren wir, dass Clay nicht nur relativ gefühllos geblieben ist, wenn’s nicht gerade um seine verletzte Eitelkeit geht, sondern so furchtbar grausam sein kann wie zuvor nur Figuren, von denen er erzählt hat.

In den 80ern schockte Bret Easton Ellis die Welt mit jugendlichem Hedonismus in Hollywood, in den 90ern mit Sadismus an der Wall Street. „Imperial Bedrooms“ verknüpft Elemente aus seinen erfolgreichsten Romanen, „Unter Null“ und „American Psycho“, und ist somit weder neu noch dumm: Wenn die Welt schon die Sakko-Ärmel hockrempelt und meint, wieder Blockstreifen, Leggins und Ray Ban Wayfarers tragen zu müssen, wieso sollte neben Mode und Musik nicht auch Literatur recyclet werden? Lässt sich gut vermarkten, bringt die Leser allerdings nicht weiter. Nur bis hier: Menschen ändern sich nicht, oder zumindest nicht sehr, nicht im richtigen Leben und nicht zwischen Ellis’ Buchdeckeln.

Wer ist eigentlich Bret Easton Ellis?

Auch nicht, was die Sensationslust angeht. Wie viel ist wahr von dem, was Ellis schreibt? Wie dekadent sind die obszön Reichen tatsächlich? Wer hat solchen Sex? Und bleiben Grausamkeiten wie diese ungesühnt? Wie viel von dem, was Clay erzählt – und tut – passiert wirklich? Diese Fragen hatten auch Anteil an dem Erfolg von „Unter Null“, in Zeiten, in denen nicht jeder online Paris Hiltons Heimpornos sehen konnte oder Lindsay Lohan beim Versinken im Drogensumpf zuguckte.

Wie viel seine Geschichten mit Bret Easton Ellis’ Leben zu tun haben, ist eine gern gestellte Frage in fast allen Interviews mit dem 46-Jährigen. Der Autor kokettiert in seinen Antworten mit den autobiographischen Bezügen und behauptet auch schon mal, dass er in Wahrheit nicht Clay aus „Unter Null“ sondern Serienkiller Patrick auch „American Psycho“ sei. Ein paar Monate vor der Veröffentlichung der amerikanischen Ausgabe von „Imperial Bedrooms“ begann Ellis zu twittern. Auch auf 140 Zeichen beschränkt ist sein Ton dem seiner Erzähler nicht unähnlich. Genauso wenig wie die Selbstbezogenheit. Sein erster Post: Does anyone know who @BretEastonEllis is?