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Radio Bremen hatte so große Erwartungen in Charlotte Roche gesetzt. Allein, die Frau, die als Buchautorin einem erregten Publikum den Weg in die „Feuchtgebiete“ des menschlichen Daseins wies, scheiterte kläglich an der Seite von Giovanni di Lorenzo in der Talkshow „3nach9“ – sie moderierte zu trocken. Jetzt soll Judith Rakers den ramponierten Ruf von Deutschlands ältester Plauderrunde retten. Am Freitag, 22.45 Uhr, feiert sie Premiere im NDR.

Radio Bremen hatte sich die Suche nach einer Nachfolgerin der glücklosen Frau Roche nicht eben leicht gemacht. Klar war nur: Neben „Zeit“- Chefredakteur di Lorenzo sollte eine Frau den Kessel Buntes in Schwung bringen. Mal war Sandra Maischberger die Frau an di Lorenzos Seite, mal gab sich die talkende Sopranistin Annette Dasch die Ehre. Es folgten „Tatort“-Kommissarin Maria Furtwängler, Satire-Hoffnung Katrin Bauerfeind, TV-Köchin Sarah Wiener – und nicht zuletzt „Tagesschau“-Frau Judith Rakers.

Welchen Puls hatten Sie, Frau Rakers?

Die Blonde aus Paderborn lacht selbstbewusst: „Am Anfang war ich sehr aufgeregt. Das hat sich aber schnell gelegt, und zwar schon im ersten Interview. Beim Gespräch mit Manni Breuckmann habe ich gemerkt, dass das sogar schon in Richtung Ruhepuls geht.“ Dabei war der 34-Jährigen durchaus bewusst, dass der Auftritt Gefahren barg: „Ich hatte ein bisschen Angst, dass ich wie eine Gastgeberin ins Wohnzimmer komme, aber selbst noch nicht richtig weiß, wo die Tassen stehen.“

Doch die studierte Publizistin weiß nach 15 Jahren im Geschäft, wie sie eine gute Figur macht. Tatsächlich setzte sich „Miss Tagesschau“ gegen 400 Bewerber durch. Dennoch will sie von Casting nichts wissen: „Allen war vorher gesagt worden: Das ist eine einmalige Sache.“ Und: „Ich hätte nicht gedacht, dass alle nach der Sendung so begeistert waren, dass man mich sechs Wochen nach der Sendung anruft und fragt, ob ich bei ,3nach9’ moderieren will.“

Die Sendung ist Kult

Sie darf sich geehrt fühlen. Die Sendung ist Kult. 1974 gestartet, gab sie dem im US-Fernsehen populär gewordenen Palaver einen deutschen Akzent. Zunächst führten drei Moderatoren – daher der Titel – durchs Programm, die für größtmögliche Spontanität sorgten. Zudem wurde die Show damals nach Tagesform beendet. „3nach9“ revolutionierte die TV-Unterhaltung. Ein Grimme-Preis, 1976, war eine logische Konsequenz.

Die wilden Jahre fröhlicher Anarchie sind längst vorbei. Dennoch unterscheidet sich „3nach9“ von purem Bildschirm-Geplapper. Die Show ist mehr als ein Geschmacksverstärker für Bücher, Filme und Tourneen. Denn: Es gibt keine Einzelgespräche. Vielmehr sollen die Gäste auch miteinander sprechen. Das gibt dem Format noch immer etwas Unberechenbares.

Ist eine Ausgabe dann gut, wenn die Moderatoren besonders wenige Fragen stellen?

Rakers: „Wenn es trotzdem interessant ist – auf jeden Fall. Es geht um die Antworten und nicht um die Fragen, und es geht um den Gast und nicht um die Eitelkeit des Moderators.“ Schaun wir mal.