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Mit der Reihe „Century of Song“ will Kurator Christoph Gurk alte Klischees und kulturelle Prägungen aufbrechen: Die Musik des Islam steht im Mittelpunkt Ruhrtriennale-Musikreihe.

Alles wird neu: Die Reihe „Century Of Song“ ist gestartet und widmet sich nicht mehr anglo-amerikanischer Musik, sondern will nun dem Sound des Islam nachspüren. Über die Neuerungen sprach Kurator Christoph Gurk mit Georg Howahl.

Herr Gurk, warum wurde das Konzept von Century Of Song geändert und ans Thema der Ruhrtriennale gekoppelt?

Christoph Gurk: Ich kann mir vorstellen, dass der Triennale-Intendant Willy Decker nach acht erfolgreichen Jahren das Bedürfnis verspürt hat, einen Richtungswechsel zu machen. Ich bin erst danach ins Spiel gekommen und sollte ein Programm entwickeln, das die Nähe zu den Themen der Triennale sucht, in diesem Jahr „Wanderung“. Deshalb der Schwerpunkt islamische Musik.

Gibt es denn überhaupt so etwas wie den einen Sound des Islam?

Wenn man sagt: Musik des Islam, hat man direkt Klischees im Kopf. Aber mit den „Century Of Song“-Programm in seiner extremen stilistischen Durchmischtheit will ich klar machen, dass es die eine islamische Musik nicht gibt. Der Islam hat eine große Migrationsgeschichte, Muslime leben in allen Gesellschaften weltweit. Was da an Kultur entstand, ist vielfältig. Darauf möchten wir Schlaglichter werfen.

Viele Besucher werden damit Neuland betreten…

Genau, das ist es, was ich erreichen will. Ich habe acht Jahre lang an der Volksbühne in Berlin das Musikprogramm kuratiert, habe dort ungewöhnliche Wege betreten und Herausforderungen gesucht. Mich reizt es sehr, für Musik, die im deutschsprachigen Raum nicht so verbreitet ist, ein neues Publikum zu finden. Und dadurch auch die Öffentlichkeit, die sich für Musik herstellen lässt, zu verändern.

Das klingt, als müssten Sie Basisarbeit leisten, oder?

Es ist nicht ganz so dramatisch. Die Künstler, die wir eingeladen haben, sind dem deutschstämmigen Publikum vielleicht nicht so sehr ein Begriff, aber in der Weltmusikszene sind sie bei allen relevanten Festivals dieser Art zu Gast.

Aber zielen Sie nicht auf ein eher multikulturelles Publikum?

Das ist angestrebt. Wir haben uns bei der Werbung für das Festival auch an Migranten gerichtet. Es ist aber auch so, dass es DAS deutsche Publikum nicht mehr gibt, weil sich die Gesellschaft demografisch verändert hat.

Mit der Verpflichtung von Alexander Hacke, der durch Fatih Akins „Crossing The Bridge“ Istanbul-Experte wurde, ist Ihnen ein Glücksgriff gelungen…

Bei den beiden Abenden, die wir mit ihm machen, ist uns eine gute Mischung aus bekannten und unbekannten Künstlern gelungen. Burhan Öcal und Aynur Dogan sind Leute, die oft in Deutschland auftreten. Wenn Öcal etwa in der Philharmonie in Köln auftritt, kommen 1500 Zuschauer. Das ist innerhalb eines bestimmten Publikums ein sehr bekannter Name.

Der mir bisher noch unbekannt war...

Ob man etwas kennt oder nicht, ist eine Frage des Standpunkts und der kulturellen Tradition, aus der man kommt. Es ist eines der Ziele, kulturelle Selbstverständlichkeiten infrage zu stellen.