Essen. Die Finanzkrise setzt die Macher von Ruhr.2010 weiter unter Druck. Ein kleiner Hoffnungsschimmer kommt aus Brüssel. Am Dienstag will die EU Finanzmittel für die europäische Kulturhauptstadt 2010 freigeben. Oliver Scheytt beklagt die teilweise fehlende Begeisterung in der Bevölkerung

Am Dienstag will die Europäische Union die Finanzmittel für die europäische Kulturhauptstadt 2010 in Essen und dem Ruhrgebiet freigeben. Mit 1,5 Millionen Euro will die EU das Kulturhauptstadt-Jahr in der Region fördern. "Wir rechnen fest mit dem Zuschuss", sagt Ruhr.2010-Geschäftsführer Oliver Scheytt. Immerhin ist das Geld schon fest im Etat von 65,5 Millionen Euro verbucht. Auf das Geld aus Brüssel sind die Organisatoren des Kulturhauptstadt-Jahres dringend angewiesen - klafft doch knapp ein halbes Jahr vor Beginn des Veranstaltungsreigens immer noch eine Finanzierungslücke von rund sieben Millionen Euro.

Die Eröffnungsparty in der Schalker Fußballarena wurde abgesagt. Und die Aktion "Schachtzeichen", bei der Ballons über ehemalige Bergbauschächte aufsteigen sollen, ist auf das private Engagement der Bürger angewiesen, die eine Partnerschaft in Höhe von 5000 Euro pro Ballon übernehmen sollen - ansonsten muss das Vorhaben abgesagt werden.

Sparen beim Marketing

Die Ruhr.2010-Organisatoren arbeiten - neben den täglichen Terminen zur Planung des Programms - mit Hochdruck weiter an der Akquise. Am 7. Juli soll ein weiterer Hauptsponsor präsentiert werden, der das Kulturhauptstadt-Jahr mit mindestens zwei Millionen Euro als Bar- oder Sachmittel unterstützt. Und die Essener Firma ISTA, die für das Ablesen von Heizungen verantwortlich ist, wurde als Sponsor gewonnen. Das bringt noch einmal mindestens 250 000 Euro.

"Die Finanzkrise macht sich bei uns schon bemerkbar", sagt Scheytt. Allerdings sei der Programmkern des Veranstaltungsjahres gesichert und nicht von der aktuellen Entwicklung betroffen. Nach Angaben von Scheytt soll bis zum Herbst Klarheit herrschen, welche der rund 150 Projekte stattfinden können - und ob eventuell Programmpunkte gestrichen werden müssten. Laut Scheytt könnte zudem gegebenenfalls bei dem Posten für Marketing in Höhe von rund zwölf Millionen Euro gespart werden.

Wo ist der "Ruck" in der Bevölkerung

Unabhängig von der finanziellen Debatte verweist Scheytt jedoch darauf, dass es bei den Planungen für das Kulturhauptstadt-Jahr gelungen sei, alle 53 Städte und Gemeinden der Region hinter einem gemeinsamen Konzept zu vereinbaren. Durch die Landesmittel in Höhe von 10,5 Millionen Euro stünden zudem jeder Kommune zwei Euro pro Einwohner zur Realisierung der Projekte zur Verfügung. "Das hat die finanziellen Probleme vor Ort schon gelindert", sagt Scheytt.

Allerdings vermisst der Ruhr.2010-Geschäftsführer teilweise noch die rechte Begeisterung oder den "Ruck" bei Bevölkerung und Geschäftswelt. "Die Chance, die wir durch das Kulturhauptstadt-Jahr haben, ist noch nicht bei allen angekommen", meint er. Das europäische Kulturhauptstadt-Jahr sei "das größte Gemeinschaftsprojekt zwischen Politik, Kommunen, Regionalverband Ruhr, Wirtschaft und Bürgern", das jemals angegangen worden sei. Deshalb müsse jeder Bürger erkennen, dass er "Botschafter" für die Region ist.

Metropolencharakter der Region

In der Programmplanung für das Kulturhauptstadt-Jahr sollen zudem noch stärker die Punkte "Mythos Ruhr", "Metropole gestalten" und "Europa bewegen" herausgearbeitet und thematische Verknüpfungen hergestellt werden. Exemplarisch soll der Metropolencharakter der Region zum Beispiel durch das Projekt "Twins" deutlich gemacht werden. Gemeinsam mit knapp 200 Partnerstädten des Ruhrgebiets sollen in den Städten und Gemeinden rund 100 Kulturprojekte mit zahlreichen Beteiligten aus den Partnerstädten angeschoben werden.

"Von diesem Projekt war die EU sehr beeindruckt", erklärt Scheytt. Geplant ist unter anderem ein Vorhaben, bei dem junge Menschen aus Europa zu "Ruhr-Scouts" ausgebildet werden. Auch eine Jugendbegegnung mit 200 bis 300 Teilnehmern aus mindestens sieben Städten Europas und Israels steht auf dem Programm. "Wir möchten, dass Bürger und Gruppen auf lokaler Ebene zusammenarbeiten" - dadurch könne die besondere Bedeutung der Region und der "Mythos Ruhr" auch für auswärtige Besucher lebendig gemacht werden. (ddp)