Mülheim. Das Theaterfestival "After the Fall" in Mülheim beleuchtet die Situation Europas 20 Jahre nach der Wende.
Eins vorweg: Für die Kultur ist es ein gutes Signal, wenn ein Stadtoberhaupt in diesen Tagen bekennt: „Von dieser Form der Theaterarbeit werden wir auch zukünftig trotz schmaler Kassen nicht ablassen“ – betonte Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld. In diesem Fall bezog sich das auf das von ihr eröffnete „After the Fall“, ein europaweites Festival zum Thema 20 Jahre Mauerfall, das vom Goethe-Institut und vielen Partnern ins Leben gerufen wurde – darunter auch die Mülheimer Theatertage als Heimstatt zeitgenössischer Dramatik.
Das Festival läuft derzeit parallel in Mülheim und in Dresden. 17 Dramatiker aus ganz Europa wurden damit beauftragt, Theaterstücke zu schreiben, um die politischen Veränderungen nach dem Mauerfall in ihrer Heimat eingehend zu beleuchten. Zwölf Stücke davon sind bereits in den jeweiligen Ländern uraufgeführt worden, fünf weitere werden noch folgen. Noch bis zum 8. November ist eine Auswahl davon in Mülheim zu sehen, Inszenierungen aus Schweden, Rumänien, Polen, der Republik Moldau und Deutschland.
Migration und Integration als große Themen
Schon jetzt zeichnen sich Migration und Integration als große Themen ab. In einer prägnanten Text- und Bildersprache und mit einer gehörigen Portion Sarkasmus machte etwa der dänische Beitrag, eine junge und engagierte Inszenierung vom Königlichen Theater Kopenhagen, mit dem Stück von Christian Lollike zum Auftakt klar, was „Die Geschichte der Zukunft“ uns verheißt: „Wir brauchen Menschen, die tief in den Arsch der Globalisierung kriechen.“ Ein kleines Land wie Dänemark mitten in der großen Welt „revitalisiert“ im Zuge der umgreifenden Globalisierung die Mauer symbolhaft am Beispiel von Fremden: Es geht um Asylwohnheime vor der Haustür, Flüchtlingslager als Happening von Rotem Kreuz und Gucci, Gesetze, die an Grenzen stoßen und Kosmopoliten via globaler TV-Shau. Eingespielt wird dabei auch das schonungslos offene Interview eines hoffnungslosen Flüchtlings in einer Asylunterkunft bei Kopenhagen. Schon vor der Premiere sorgte das Stück in Dänemark für rechtspopulistische Furore in den Medien, wie in der anschließenden Diskussion deutlich wurde.
Ähnlich pessimistisch in der Auskunft gab sich auch der deutsche Beitrag „Für alle reicht es nicht“ vom Staatsschauspiel Dresden, der gestern im Theater an der Ruhr gezeigt wurde: „Die Mauer steht noch“, meint Autor Dirk Laucke, „sie ist nur nach außen gerückt“.
Das Festival wird begleitet von Diskussionen und einer Vortragsreihe.