Witten. In Witten treffen sich Familien im Krümelreich. Dort arbeiten und spielen Menschen mit und ohne Behinderung. Einen Zwillingstreff gibt‘s auch.
Einfach mal ins Café gehen, wie es alle Studierende machen. Das wollte auch Monique Schüler, die ihre Söhne während des Studiums an der Evangelischen Hochschule in Bochum bekam. Ihr Fach: Gemeindepädagogik und soziale Arbeit. Doch sie hat schnell gemerkt – mit kleinen Kindern im Lokal? „Das geht gar nicht gut“, so die 35-Jährige. Für den Kinderwagen war kein Platz, beim Stillen erntete sie komische Blicke und wo sollte sich ihr Krabbelkind bewegen? „So entstand der Wunsch, dass es ein Café gibt, in dem Familien mehr Platz haben.“ Den Wunsch hat sie sich erfüllt: Seit 2022 leitet sie mit Dorit Remmert das Krümelreich in Witten.
Dabei sticht das Krümelreich unter den Familiencafés heraus, denn es ist ein inklusiver Ort. Im Erdgeschoss der Stadtgalerie mit barrierefreiem Zugang arbeiten und spielen Menschen mit und ohne Behinderung. Dorit Remmert sei das besonders wichtig gewesen, erklärt Schüler, da sie sich als Mutter eines Sohnes mit Behinderung ebenfalls einen öffentlichen Treffpunkt wünschte.
„Wir wollen Möglichkeiten wie Praktika schaffen, damit Menschen mit Behinderung nicht nur auf die Werkstätten angewiesen sind“, sagt Schüler. Die Arbeit im Café soll für sie ein positives Erlebnis sein und sie zugleich Fähigkeiten entwickeln lassen, die auch auf dem ersten Arbeitsmarkt wichtig sind.
30 Sitzplätze stehen Familien im Krümelreich zur Verfügung, aber es gibt noch genug Platz zum Spielen – und um seinen Kinderwagen abzustellen. Der Aufenthalt ist zeitlich nicht begrenzt, man muss auch kein Spielgeld zahlen. Allerdings kann sich das Krümelreich nicht selbst finanzieren. Der Verein „Meisterwerk Mensch“ steckt hinter diesem sozialen Projekt, Monique Schüler selbst ist bei der Evangelischen Kirche angestellt. Sie sagt: „Das Café ist auf Spenden angewiesen.“
Ehemalige Pekipgruppen treffen sich
Die Krabbelkinder können sich in einem eigenen Bereich hinter einem niedrigen Zaun auf einer kleinen Rutsche oder einer Schaukelbanane anstupsen lassen. Die Eltern setzen sich mit ihnen auf den Korkboden. „Ehemalige Pekipgruppen treffen sich hier“, so Schüler. Aber auch für das Café gilt: „Hier entstehen Netzwerke und Freundschaften.“
Mittlerweile gibt es auch einen offenen Zwillingstreff. Schüler: „Das war eine Initiative einer Mutter.“ Stephanie Macke, Mutter von Johannes und Johanna, hat den Treff ins Leben gerufen. Schließlich stellt schon ein Kind das Leben von Eltern komplett auf den Kopf. Aber mit zwei Kindern ist das noch mal eine ganz andere Nummer. Eltern von Zwillingen können sich nun bei einem Kaffee beraten, wie sie zum Beispiel damit umgehen, wenn eines schläft und das andere wach ist. Oder wie sie zwei Kindern gleichzeitig beim Laufenlernen helfen. Die Kleinen können sich derweil im Weidentipi verstecken oder – wenn sie schon etwas größer sind – mit dem Gabelstapler „Baustelle“ spielen.
Auch andere kostenfreie Angebote locken Familien. Wie zum Beispiel der Spieletreff am Mittwoch für Kleinkinder und ihre Eltern, von 9.30 bis 11 Uhr. Bei diesen Veranstaltungen wird wiederum an Menschen mit Behinderung gedacht. So gab es zum Beispiel beim Bilderbuchkino eine Gebärdenübersetzung.
Das Café ist kein Indoorspielplatz, betont Monique Schüler. Es wird also etwas weniger getobt. Trotzdem: „Bei uns ist es laut und wuselig, das gehört dazu.“ Und das locke sogar Menschen an, die eigentlich auch in anderen Cafés Platz nehmen könnten. Es gebe Senioren, die beim Kaffee für das Krümelreich Decken stricken und meinen: „Man muss erleben, wie viel Leben hier ist.“
Das Café Krümelreich in Witten:
Café Krümelreich in der Stadtgalerie, Hammerstr. 9-11, Witten. Mo. bis Sa., 9.30 bis 18 Uhr (kruemelreich.de). Cappuccino: 3,20 €, Kinder-Cappuccino: 1 €. Auswahl an Stullen und Gebäck, wie Kuchen, vegane Hörnchen und zuckerfreie Waffeln. Es gibt einen veganen Mittagstisch. Der Zwillingstreff: alle zwei Wochen am Mo., 9.30 Uhr.
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